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Sonnenschirm

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Birmanin mit einem Sonnenschirm um 1920

Der Sonnenschirm (selten frz. Parasol genannt) ist ein Gebrauchsgegenstand, der zum Schutz vor Sonneneinstrahlung verwendet wird. Er ist ein Erzeugnis des Schirmmachers, wird heutzutage aber überwiegend industriell hergestellt. Es wird ganz generell zwischen zwei Grundtypen von Sonnenschirmen unterschieden:

  • Handsonnenschirme: werden wie ein Regenschirm als mobiler Sonnenschutz in einer Hand getragen.
  • Großschirme: werden mithilfe eines Schirmständers aufgestellt und finden beispielsweise als Gastronomie- und Strandschirme ihre Verwendung.

Ebenso wie ein Regenschirm besteht ein Sonnenschirm heutzutage aus einer Bespannung aus Stoff oder Kunststoff, die über Speichen gespannt ist und von einem lotrecht aufgesetzten Stiel in die Höhe gehalten wird. Sonnenschirme, deren Standrohr sich nicht im Zentrum, sondern außerhalb der Schirmfläche befindet, werden als Ampelschirme, Freiarmschirme, Galgenschirme, Pendelschirme oder auch als Seitenmastschirme bezeichnet. Besteht das Schirmdach eines Handsonnenschirms aus Material, welches den Anwender sowohl vor Sonneneinstrahlung als auch vor Regen schützt, kann dieser auch als En-tout-Cas oder Allwetterschirm bezeichnet werden.[1]

Der persische König Xerxes I. unter einem Sonnenschirm

Während in Mitteleuropa Sonnenschirme fast nur noch als große, stehende Schirme (z. B. an Badeorten, in Straßencafés und auf Balkonen) vorkommen, wurden sie bis ins frühe 20. Jahrhundert vor allem in der Hand getragen. Von Regenschirmen unterschieden sich diese Varianten hauptsächlich durch eine nicht wetterfeste Ausstattung: So wurde vor allem früher in Ostasien (z. B. in Japan, Indonesien oder Birma) Papier als Schirmmaterial über die Speichen gespannt. In anderen Regionen flochten die Menschen sich Schirme aus Stroh.

Der Sonnenschirm ist weitaus älter als der Regenschirm. Erste Darstellungen finden sich im Altertum in Ägypten, Persien und China. Ihre erste schriftliche Erwähnung finden sie in altgriechischen (z. B. Aristophanes) und altrömischen Texten (z. B. Martial).[2] Bei den frühen Formen handelt es sich für gewöhnlich um große und von Dienern gehaltene Baldachine, welche neben ihrer Funktion als Sonnenschutz auch als Statussymbol fungierten.

Auch in Indien gehörte ein reich verzierter Sonnenschirm (chhatra-ratna, Schirmjuwel) zu den Insignien eines Königs, wie die Krone und der Thron. Als Königssymbol gehört er auch zu einem der acht tibetischen Glückssymbole. In derselben Tradition sind buddhistische Tempel in Myanmar und Thailand von stilisierten Sonnenschirmen gekrönt.

Sonnenschirm aus rotem Samt, Venedig, 16. Jahrhundert

Im mittelalterlichen Europa scheint der tragbare Handsonnenschirm in Vergessenheit zu geraten und ist erst im 16. Jahrhundert in Italien wieder nachweisbar.[3] Solche Schirme waren z. B. mit rotem Samt bezogen und wurden gelegentlich von Pagen getragen. Um das 17. Jahrhundert herum wurde der tragbare Sonnenschirm von Maria de Medici am französischen Hof eingeführt.[3] Von da an entwickelte er sich zu einem wichtigen Mode-Untensil der Damen, die damit ihre weiße, makellose Haut vor Sonnenschäden schützten.[4] Der Handsonnenschirm hatte einen geraden Griff aus Horn, die Streben waren aus Holz oder Fischbein.[5] Die Größe und Farbe des Schirms, die Länge des Stiels und die Anzahl der Speichen wechselten mit der Mode.

Besonders verbreitet war der Sonnenschirm anscheinend im 19. Jahrhundert, wo er auf zahlreichen Gemälden, in Mode-Journalen und später auf Fotografien erscheint; er war dabei einerseits eine nützliche Ergänzung zum Sonnenhut, andererseits auch ein ausgesprochen elegantes Mode-Utensil, manchmal zierlich klein oder mit Spitzen, Rüschen und Fransen besetzt. Um 1815 kam neben den normalen Schirmen auch der sogenannte Knicker auf: ein kleiner Sonnenschirm, dessen Griff geknickt werden konnte, damit er auch schräg einfallende Sonnenstrahlen abhalten konnte.[3][6] Es gab auch Sonnenschirme in sogenannter „Pagodenform“, bei denen die Spitze des Schirmdachs etwas höher ist als normal.[5] Um 1870 nannte man einen Allzweck-Schirm, der sowohl als Sonnen- als auch als Regenschirm benutzt werden konnte, „En tous cas“ (französisch: „für alle Fälle“).[7]

Bis in die 1920er Jahre war der Sonnenschirm ein unerlässliches Accessoire der Damen beim Aufenthalt im Freien.[8] Heutzutage werden kleinere Sonnenschirme sehr häufig zum Schutz von empfindlicher Baby-Haut an Kinderwagen angebracht.

Helle Haut als Schönheitsideal

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Carl Spitzweg: Sonntagsspaziergang, 1841. Die Damen tragen verschiedene Arten von Sonnenschirmen, u. a. auch sogenannte Knicker (hinten im Bild)

Der moderne Trend der Sonnenbräune hat sich erst vor relativ kurzer Zeit (etwa seit der Mitte des 20. Jahrhunderts) in den USA und Europa entwickelt. Zuvor war jahrhunderte- bis zu jahrtausendelang ein heller Teint vor allem für Frauen ein wichtiges Attraktivitätsmerkmal. Er galt vor allem als typisch weiblich, weil Frauen in historischen und traditionellen Gesellschaften die meiste Zeit im sonnengeschützten Haus verbrachten. Im Freien arbeiteten traditionell nur Männer und Frauen, welche sozial gesehen „niedere“ Tätigkeiten ausübten (wie z. B. Bauern oder Bauarbeiter). Zum Teil galt es daher für eine Frau sogar als sehr unschicklich, das Haus zu verlassen. Dies Ansicht hielt sich beispielsweise in den sudeuropäischen Ländern Spanien, Italien und Portugal noch bis weit ins 20. Jahrhundert hinein. Selbst heute spricht man noch von einer „vornehmen Blässe“, allerdings wird dabei den Betreffenden tendenziell eine herablassende Arroganz unterstellt. Auch war die schädliche Wirkung der Sonnenstrahlen in Bezug auf eine vorzeitige Hautalterung lange bekannt, ein Sonnenschutz diente also auch dem möglichst langen Erhalt eines jugendlichen Aussehens. Sonnenschutzcremes wurden aber erst nach 1930 entwickelt. Daher wurde die weiße Haut noch bis ins 20. Jahrhundert hinein durch breite Hüte und Sonnenschirme vor Sonnenschäden geschützt.[4]

In südlicheren Ländern wie Spanien und Portugal, vor allem aber in Ostasien (Japan, China und Taiwan) werden auch heute noch tragbare Sonnenschirme verwendet, nach wie vor praktisch ausschließlich von Frauen. Gründe für die Verwendung sind vor allem Schutz vor UV-Strahlung, Hitze, Alterungseffekten und die Erhaltung eines bestimmten Teints.

Große Sonnenschirme und ihre Entwicklung

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Moderner Sonnenschirm am Strand, 2011
Moderner Standsonnenschirm

Während die Verbreitung von tragbaren Handsonnenschirmen deutlich zurückgegangen ist, haben sich große Sonnenschirme immer stärker ausgebreitet. Vor allem mit der aufkommenden Diskussion über die schädigende Wirkung der UV-Strahlung hat die Entwicklung der Sonnenschirme seit ca. Mitte der 1980er-Jahre einen neuen Aufschwung genommen.

Bedingt durch die größeren Abmessungen der Schirme und das Schutzbedürfnis (gegen UV-Strahlung) sind die Anforderungen an das Material stark gestiegen, so dass heute hauptsächlich für das Gestell Aluminium und für den Schirmstoff Polyester und Acrylfasern zum Einsatz kommen.

  • Besonders der Schirmstoff ist anfällig für Verschmutzung, Schimmelbefall und das Ausbleichen durch die Sonneneinstrahlung. Da Sonnenschirme oftmals als Werbefläche dienen und hierbei häufig der Digitaldruck als Methoden zum Einsatz kommt, sind solche Modelle für das Ausbleichen durch Sonneneinstrahlung anfällig. Kommt allerdings ein Siebdruckverfahren zum Einsatz, erreichen Sonnenschirme eine höhere Lichtechtheit und halten somit der Sonneneinstrahlung länger stand.
  • Um die Stabilität von Sonnenschirmen zu steigern, wird in neusten Entwicklungen auch glasfaserverstärkter Kunststoff eingesetzt. Dieser bietet unter anderem auch den Vorteil, Verformungen aufnehmen zu können, ohne das Material dabei zu beschädigen. Moderne Entwicklungen, wie z. B. der Dalia-Sonnenschirm, integrieren Solarpanele in den Schirmstoff, um diese nicht nur als Schattenspender, sondern auch als Energieproduzent nutzen zu können.

Besondere Konstruktionen

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Es ist das Verdienst des Membranbau-„Papstes“ Frei Otto, den Schirm vom individuell verfügbaren Gebrauchsgegenstand prinzipiell in eine entwicklungsfähige Leichtbau-Architektur überführt zu haben. In einer Schirm-Studie legte Frei Otto in den 1960er Jahren die Grundlagen für die Entwicklung platzüberspannender, wandelbarer Großschirme und baute 1971 die ersten wandelbaren Großschirme mit einem Durchmesser von 19 Metern für die Bundesgartenschau in Köln. Die Trichterform des aufgespannten Schirms erlaubt es, Regenwasser durch das Mastrohr abzuleiten und die Schirme überlappend aufzustellen.[9] Es gibt heute eine Vielzahl von Varianten (vom traditionellen Mittelmastschirm über den Trichterschirm mit kelchförmiger Membran bis hin zum Dreieckschirm für die Eckbeschattung) und Größen, als Standardschirme mit bis zu 10 m Durchmesser.

Die bislang größten wandelbaren Schirme realisierte Mahmoud Bodo Rasch mit seinem Büro SL Rasch als Schattendächer[10] für die Pilgerstätte in Medina, Saudi-Arabien (26 m × 26 m), und vor der Al-Hussein-Moschee in Kairo (29 m × 29 m). Im Sommer öffnen sich die Schirme abhängig vom Sonnenstand und schließen sich abends wieder, um die warme Luft an den Nachthimmel abzugeben. Im Winter öffnen sich die Schirme erst gegen Sonnenuntergang und halten so die Wärme des Tages in den Räumen. Moderne wandelbare Trichterschirme dienen als Schattendächer, können bei überlappender Anordnung vor Regen schützen und sind gleichzeitig klimaregulierend einsetzbar.[11]

Beim Bau wandelbarer Großschirme kommen Materialien wie Stahl und PTFE zum Einsatz.

Besondere Großschirme

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  • Ampelschirme: Hierbei handelt es sich um Sonnenschirme, welche ihren Mast auf der Seite haben. Dies hat den Vorteil, dass der Mast nicht mittig in den Tisch ragt, sondern seitlich vom Tisch platziert werden kann. Somit kann ein wesentlich größere Fläche überdeckt werden. Der Nachteil ist, dass er dadurch etwas instabiler steht. Dadurch ist ein schwerer Ständer erforderlich, welcher den Schirm deutlich teurer macht.
  • Trichterschirme: Diese Art von Sonnenschirm hat eine trichterartige Form, die sich deutlich von den bekannten Variationen unterscheidet. Die besondere Form hat gegenüber herkömmlichen Schirmen den Vorteil, dass Regen über den Mittelmast abgeführt werden kann. Somit entstehen an den Kanten keine Wasserfälle, die man beim Unterstellen durchqueren muss. Sie unterscheiden sich aber vor allem optisch von den meisten Varianten und werden so auch gerne von der Gastronomie, Werbe- und Eventbranche genutzt, um sich von der Konkurrenz abzuheben.

Rezeption in der Kunst

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  • Ludmila Kybalová, Olga Herbenová, Milena Lamarová: Das große Bilderlexikon der Mode – Vom Altertum zur Gegenwart. Übersetzt von Joachim Wachtel. Bertelsmann, Gütersloh, 1966, DNB 457330481.
  • Mario Kälin: Der Schirmmacher, die Schirmnäherin : Berufsbeschreibung. Kälin, Luzern 1992, OCLC 611949346.
  • Der Sonnenschirm – Sonnenschutz und Strandkultur. Regie: Jean-Dominique Ferrucci, ARTE F, Frankreich, 18 Minuten, 2020
Commons: Sonnenschirme – Sammlung von Bildern und Audiodateien
Wiktionary: Sonnenschirm – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
  • William Sangster: Umbrellas and their History. 1871, archiviert vom Original am 26. Juni 2009; (englisch).

Einzelnachweise

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  1. En-tout-Cas – Rechtschreibung, Bedeutung, Definition, Herkunft. In: duden.de. Abgerufen am 13. Juli 2018.
  2. William Sangster: Umbrellas and their History. 1871, archiviert vom Original am 26. Juni 2009; abgerufen am 15. August 2020 (englisch).
  3. a b c Ludmila Kybalová, Olga Herbenová, Milena Lamarová: Das große Bilderlexikon der Mode – Vom Altertum zur Gegenwart. Übersetzt von Joachim Wachtel. Bertelsmann, Gütersloh, 1966, DNB 457330481, S. 474.
  4. a b Ludmila Kybalová, Olga Herbenová, Milena Lamarová: Das große Bilderlexikon der Mode – Vom Altertum zur Gegenwart. Übersetzt von Joachim Wachtel. Bertelsmann, Gütersloh, 1966, DNB 457330481, S. 470, 473, 474, 476 f.
  5. a b Alexa Bender: Sonnenschirme: Datieren, kaufen, restaurieren. In: marquise.de. Abgerufen am 3. Juni 2018.
  6. Nach Alexa Bender hat Knicker es „von ca. 1800 bis in die 1870er“ gegeben, „wobei um 1840–60 die hohe Zeit der Knicker ist“. Alexa Bender: Sonnenschirme: Datieren, kaufen, restaurieren. In: marquise.de. Abgerufen am 3. Juni 2018.
  7. Ludmila Kybalová, Olga Herbenová, Milena Lamarová: Das große Bilderlexikon der Mode – Vom Altertum zur Gegenwart. Übersetzt von Joachim Wachtel. Bertelsmann, Gütersloh, 1966, DNB 457330481, S. 470.
  8. Ludmila Kybalová, Olga Herbenová, Milena Lamarová: Das große Bilderlexikon der Mode – Vom Altertum zur Gegenwart. Übersetzt von Joachim Wachtel. Bertelsmann, Gütersloh, 1966, DNB 457330481, S. 474, 477 (Abb. 785: Diverse Sonnenschirme in der Vogue von 1928).
  9. Winfried Nerdinger: Frei Otto. Das Gesamtwerk: Leicht Bauen Natürlich Gestalten. 2005, ISBN 3-7643-7233-8.
  10. Ralf Hoppe: Islam: Allahs Schattenmann. In: Der Spiegel, 15/2002. 8. April 2002, S. 80–84, abgerufen am 15. August 2020.
  11. Bodo Rasch: Wandelbare Dächer. (pdf; 1 MB) In: Arch+ 107. 29. September 2010, S. 42–44, abgerufen am 15. August 2020.