Terry Gou

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Terry Gou (2019)

Terry Gou bzw. Kuo T'ai-ming (chinesisch 郭台銘 / 郭台铭, Pinyin Guō Táimíng, W.-G. Kuo T'ai-ming; * 18. Oktober 1950[1] in Banqiao, Neu-Taipeh) ist ein taiwanischer Unternehmer und Leiter von Hon Hai Precision Industry, im Westen besser bekannt als Foxconn, dem mit über 1,2 Mio. Angestellten größten EMS-Anbieter weltweit.

Karriere als Geschäftsmann

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Jahr 1974 gründete Gou in Taiwan Hon Hai Precision (Foxconn), wo von zehn Angestellten Plastikverkleidungen für Fernsehgeräte hergestellt wurden. Der Erfolg von Gous Geschäftsmodell beruhte darauf, dass er Pionierarbeit leistete, indem er taiwanisches Ingenieurwissen mit qualifizierten chinesischen Arbeitskräften kombinierte. In den 1980er und 90er Jahren baute Gou riesige Produktionsstätten in Südchina und rekrutierte Zehntausende qualifizierter junger chinesischer Arbeiter, die dort kostengünstig Elektronikbausteine herstellten. Mit diesem Preisvorteil schaffte er es, dass beispielsweise Apple seine Produktion der Elektronikbausteine von MacBooks und iPhones weitgehend an Foxconn auslagerte.[2] Seine erste Fabrik in der Volksrepublik China eröffnete Gou 1988 in Shenzhen in der Provinz Guangdong. Dort befindet sich auch heute noch das größte Werk von Hon Hai Precision. Inzwischen fertigen fast eine Million Angestellte in Gous Firma Elektronik- und Computerbauteile für Intel, Dell, Apple, Nokia, Samsung und zahlreiche andere IT-Hersteller.

Gou besaß per April 2019 9,4 % der Firma. Er war mit einem Besitz von 10,6 Mrd. US$ im Jahr 2017 der reichste Taiwaner.[3]

Der Führungsstil Gous ist umstritten. Im Jahr 2010 geriet sein Firmenimperium aufgrund einer Suizidwelle unter Mitarbeitern in die internationalen Schlagzeilen. Im ersten Halbjahr 2010 nahmen sich elf Angestellte das Leben.[4] In einer Reportage war von exorbitant langen Arbeitszeiten bei eine Sechs-Arbeitstage-Woche die Rede. Eine Arbeiterin berichtete über eine autoritäre Führungsstruktur, bei der es den Arbeiterinnen kaum erlaubt sei, miteinander zu sprechen. Trotzdem häuften sich bei Foxconn die Bewerbungen, da die Arbeitsbedingungen anderswo noch härter seien. Ein Psychologe der Tsinghua-Universität, der die Foxconn-Fabriken im Mai 2010 besuchte, äußerte, dass die Suizidrate weit unter dem Landesdurchschnitt von etwa 15 pro 100.000 liege.[5]

Gou erklärte im April 2019, dass er die operative Leitung von Foxconn abgeben, jedoch Aufsichtsratsvorsitzender bleiben wolle.[3][6]

Politische Aktivitäten

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 17. April 2019 erklärte Gou, dass die Meeresgöttin Mazu ihn im Traum angewiesen habe, bei der Wahl im Jahr 2020 für das Präsidentenamt der Republik China (Taiwan) zu kandidieren.[7][8] Gou war von 1970 bis 2000 bereits Mitglied der Partei Kuomintang[9] und trat ihr im April 2019 erneut bei.[10] Nachdem er im Juli 2019 bei der innerparteilichen Vorauswahl für das Amt des Präsidentschaftskandidaten unterlag, verließ er die KMT im September nach nur fünf Monaten Mitgliedschaft wieder, um sich die Möglichkeit einer unabhängigen Kandidatur für das Präsidentenamt offenzuhalten.[11] Nur wenige Tage später verkündete Gou jedoch, nach reiflicher Überlegung doch nicht bei der Präsidentenwahl 2020 antreten zu wollen.[12] Am 2. Januar 2020 erklärte er seine Unterstützung für den Qinmindang-Kandidaten James Soong bei der Wahl.[13] Bei der taiwanischen Präsidentschaftswahl 2024 galt er zunächst als ein aussichtsreicher Kandidat der Kuomintang. Als diese sich jedoch für den Mitbewerber Hou Yu-ih als Spitzenkandidaten entschied, erklärte Gou am 28. August 2023, dass er als unabhängiger Einzelkandidat bei der Wahl antreten wolle.[2] Obwohl er die erforderliche Zahl von Unterstützerunterschriften einsammeln konnte (902.389 – gefordert waren mindestens 289.667, entsprechend 1,5 Prozent der Wahlberechtigten) erklärte Gou in letzter Minute vor dem Registrierungsschluss am 25. November 2023 das Ende seiner Kandidatur, ohne dafür Gründe anzugeben.[14][15]

Gous Eltern lebten bis zu ihrer Flucht nach Taiwan 1949 in der chinesischen Provinz Shanxi. Gou hat mit seiner ersten Frau Serena Lin (林淑如[16]) einen Sohn, der im Filmgeschäft arbeitet und eine Tochter, die im Finanzsektor tätig ist. 2005 starb seine Frau im Alter von 55 Jahren an Brustkrebs. Am 26. Juli 2008 heiratete Gou seine zweite Frau, die Choreografin Delia Tseng (曾馨瑩[17]).[18]

Seit 2002 besitzt Gou ein Schloss in der Nähe von Kutná Hora in der Tschechischen Republik im Wert von 30 Mio. US$.

Commons: Terry Gou – Sammlung von Bildern
  • Offizielle Website der Hon Hai Precision IndustryFoxconn – (chinesisch, englisch)
  • Frederik Balfour, Tim Culpan: Fast ein moderner Henry Ford. In: tagesanzeiger.ch. Tages-Anzeiger, 21. Oktober 2010, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 19. Mai 2016; (Originalfassung: Bloomberg. Übersetzung aus dem Englischen: Manuela Kessler).

Einzelnachweise und Anmerkungen

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. 王韋婷: 74歲生日慶生 郭台銘許願:2024台灣人民做出正確選擇. In: rti.org. Radio Taiwan International, 18. Oktober 2023, abgerufen am 10. November 2024 (chinesisch).
  2. a b Terry Gou: The Taiwan iPhone billionaire who wants to be president. In: BBC News. 29. August 2023, abgerufen am 20. August 2023 (englisch).
  3. a b Michael Rodunski: Wieso Taiwans reichster Wirtschaftskapitän Staatspräsident werden will. In: nzz.ch. Neue Zürcher Zeitung, 16. April 2019, archiviert vom Original am 17. April 2019; abgerufen am 17. April 2019.
  4. Elfter Selbstmord bei iPhone-Hersteller, Spiegel Online, 27. Mai 2010
  5. Achim Sawall: Foxconn – 12-Stunden-Schichten und Sprechverbot. In: golem.de. 26. Mai 2010, archiviert vom Original am 5. November 2011; abgerufen am 26. Mai 2010 (englisch).
  6. Foxconn-Chef Gou kündigt Rückzug an. In: investing.com. 15. April 2019, archiviert vom Original am 17. April 2019; abgerufen am 15. April 2019 (Ursprungsquelle: Reuters).
  7. Aris Teon: Foxconn founder Kuo T’ai-ming says he’s running for president after sea goddess Mazu came to him in a dream. In: china-journal.org. Greater China Journal, 17. April 2019, archiviert vom Original am 30. April 2019; abgerufen am 1. Juni 2021 (englisch).
  8. Debby Wu: Foxconn's Gou Runs for Taiwan President, Citing Message From Sea Goddess. In: bloomberg.com. Bloomberg, 17. April 2019, abgerufen am 31. Dezember 2019 (englisch).
  9. Hsiang Yu, Kuan-ting Liu, Cheng-chung Wang, Cheng-hsiang Fan, Evelyn Kao: KMT welcomes Terry Gou's presidential bid In: focustaiwan.tw, Focus Taiwan, 1. Mai 2019. Abgerufen am 17. April 2019 (englisch). 
  10. Hsiang Yu, Pei-chi Liang, Hong-kuo Wang, Evelyn Kao: Terry Gou touts willingness to run in KMT presidential primary In: focustaiwan.tw, Focus Taiwan, 17. April 2019. Abgerufen am 1. Mai 2019 (englisch). 
  11. Flor Wang, Yu Hsiang: Terry Gou quits KMT, paving way for possible independent run (update). In: focustaiwan.tw. Focus Taiwan, 12. September 2019, abgerufen am 24. November 2019 (englisch).
  12. Flor Wang, Wang Shu-fen, Yu Hsiang: Terry Gou apologizes for dropping presidential bid. In: focustaiwan.tw. Focus Taiwan, 17. September 2019, abgerufen am 24. November 2019 (englisch).
  13. Ching-Tse Cheng: Foxconn founder to support Soong in Taiwan presidential election. Taiwan News, 2. Januar 2020, abgerufen am 11. Januar 2020 (englisch).
  14. Hon Hai founder Terry Gou qualifies to run for president. In: Taipei Times. 15. November 2023, abgerufen am 25. November 2023 (englisch).
  15. Hou, Ko to run separately, as Gou quits. In: Taipei Times. 25. November 2023, abgerufen am 25. November 2023 (englisch).
  16. Serena Lin aka Lin Shuru (chinesisch 林淑如, Pinyin Lín Shúrú), Terry Gous erste verstorbene Ehefrau. Der chinesische Name ist nach der Standardumschrift Pinyin erzeugt und muss nicht der amtliche Namensschreibung entsprechen.
  17. Delia Tseng aka Zeng Xinying (曾馨瑩 / 曾馨莹, Zēng Xīnyíng), Terry Gous zweite Ehefrau. Der chinesische Name ist nach der Standardumschrift Pinyin erzeugt und muss nicht der amtliche Namensschreibung entsprechen.
  18. The China Post news staff: Tycoon Gou gets a better half, marries girlfriend. In: chinapost.com.tw. The China Post, 27. Juli 2008, archiviert vom Original am 27. November 2012; abgerufen am 27. Juli 2008 (englisch).