Der Schwarzwald (Anonymus)
Ein Nachtstück.
Seht ihr den Mond am schwarzen Wald erblassen,
Wo traurig sich die finstre Tanne nährt!
Dort starrt ein Land voll schroffer Felsenmassen,
Wo die Natur stets kreißt und nie gebärt;
Und an dem Moos verlaßner Haiden hängt,
Und ährenlos sich auf Granitgerippen
Der dürre Halm aus kalter Furche drängt.
Seht ihr den Berg, wo graue Nebel steifen?
Nie wird euch dort die heitre Rebe reifen,
Dort keimt und grünt die rauhe Flechte kaum;
Dort weht kein Lenz; es hüllt nur Nacht und Trauer
Den schönen Tag in düstre Wolken ein;
Rinnt fieberhaft durch Anger, Busch und Stein.
Seht ihr den Rand in weiter Fern düstern,
Den frühen Thau trinkt dort hin Morgenstrahl,
Nur einsam tönt, wo gelb Blätter flüstern,
Der Auer nur falzt in des Forstes Mitte,
Wo traurig sich das morsche Mühlrad dreht;
Verlassen sieht des Landmanns arme Hütte,
Wie dort im Wald der braune Giftschwamm steht.
Am Horizont: dort tönt kein Erndtesang,
Nie schimmert dort der blonden Ceres Wagen,
Um den der Fleiß des starken Pflügers rang.
Dort jubeln nie des Herbstes frohe Lieder,
Von Klippen donnert dumpf der Waldbach nieder,
und wälzt sich grimmig durch des Thales Nacht.
Flieht jenes Land, wo rauh wie seine Eichen,
Durch Forst und Horst der scheue Wilddieb schleicht,
Und Gottes Welt dem düstren Hades gleicht.
Nie senket dort ein Genius sich nieder
Mit goldnem Zauberstab und Segenshand;
Das Schrecken lähmt der Fantasie Gefieder,
Naht sich ihr Flug dem schwarzen Felsenland.
Schönau auf dem Schwarzwald. | Anonymus. |