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Der verhexte Kaplan

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Textdaten
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Autor: Guiseppe Passi
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Titel: Der verhexte Kaplan
Untertitel:
aus: Sagen, in: Alemannia, Band XIX, S. 48–49
Herausgeber: Anton Birlinger
Auflage:
Entstehungsdatum: 1599/1722
Erscheinungsdatum: 1892
Verlag: P. Hanstein
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Erscheinungsort: Bonn
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Quelle: Google-USA*, Commons
Kurzbeschreibung:
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[48] 6 DER VERHEXTE KAPLAN

All erdenkliche Warhaffte Weiber-Mängel
Einstens von Josepho Bassi, einem berühmten
[WS 1] Italiänischen
Historico, in Welscher Sprach heraus gegeben.

Joannes Nider in seinem Formicario erzehlet, was gestalten in der Gegend Basel ein Früh-Messer oder Beneficiat eines sonst sehr aufferbäulichen Lebens und Wandels sich befande, welcher darfür haltete, Hexerey seye kein wahrhafftige Sach, sonder nur eine Phantasey, und eigensinnige Einbildung. Aber Gott wolte ihm disen Fehler auff folgende Weiß benemmen. Eines Tags, als gedachter Herr Beneficiat seinen Geschäfften nachzugehen mit großer Eilfertigkeit über eine Brucken paßirte, begegnete ihm ein altes Mütterl mit nicht ungleicher Eilfertigkeit: der geistliche Herr wolte ihr zwar gern außweichen, aber konte nicht: jedoch, und weilen er in Deliberation stunde, ob er nicht dises alte Raffelscheit, welches nicht außweichen wolte, mit Fug in das Koth stossen möchte, hat dise Gabelfahrerin solches zeitlich vermerckt, und ist alsobald mit dem Zungen-Schwerdt auß der Schaiden der gantz verrost und verrotzigten Lefftzen hervorgewischt, speyt ein gantze Lachen voll der Schimpff- und Schmach-Wort auff den guten Geistlichen, er aber gehet seinen Weeg weiter fort, sambt er nichts hörete. Als er aber zu Nachts sich in die Ruhe begeben, und Morgens fruh von dem Beth widerum wollte auffstehen, hat er sich voller unmäßigen Schmertzen und gäntzlich verhexet zu seyn befunden, also zwar, daß er unterhalb denen Hüfften umb den halben Leib herumb, wie ein Reiff zusammen gebogen ware, derowegen er drey gantzer Jar sich durch andere Leuth in die Kirchen müste führen oder tragen lassen. Es wurde aber jene alte Unhold kranck, schickete jemand zu offtgedachtem Herrn Beneficiaten, mit Bitten, er wolle kommen, sie beichtzuhören; der Priester voller Unwillen sagte zu dem, der geschickt war: sie solle dem Teuffel, ihrem Meister beichten. Doch nach vilen Anhalten und Bitten seiner Mutter last er sich unter den Armen zweyer starcken Männer in der Krancken Hauß hinführen, und setzt [49] sich alldorten gleich bey dem Kopffen-Kiß der alten Hexel nider. Die zwey Männer stellten sich herauß vor dem Hauß an das Fenster, umb zusehen, ob sie wol dem geistlichen Herrn, den sie so übel verhexet, beichten werde, und ob sie zwar in der Beicht dessen nicht die geringste Meldung thate, wendete sie sich doch nach derselben zu dem Herrn Beneficiaten mit disen Hexenwürdigen Worten heraußbrechend: weist du Pfaff, wer die jenigen geweßt, so dich verzaubert hat? und als er sagt: nein, er wisse es nicht; sagte sie widerumb: du hast dessen auff mich, doch nit ohne Ursach und Fundament, den Argwohn gelegt, dann ich bin die jenige, welche dich wegen oben erzehlter Ursach verzaubert. Der Beneficiat fangt an zu bitten, sie wolle ihm die vorige Gesundheit widerum zustellen, sie antwortet: sihe die bestimbte Zeit nahet sich und ich muß sterben, nach meinem Tod wird sichs fügen, daß du in wenig Tägen curiert seyn werdest: wie auch erfolget, dann nach vollendten mit dem Teufel ehe vor eingegangenen Termin und Pact ist die alte Hex gestorben, besser geredt, verrecket, und der Geistlich nach 30 Tägen widerum gantz frisch und gesund worden. Auß welchem dann sich von selbsten ergibet, wie schändlich die jenige, welche der Hexen Bezauberungen nur für Mährlen, Fablen und närrische Einbildungen halten, betrogen werden, angesehen dero particular Meynung der heiligen Schrifft, geistliche und weltlichen Recht, ja der vast täglichen Experientz selbst entgegenlauffet.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: bsrühmten

Der Text stammt aus dem misogynen Traktat Dei Diffetti Donneschi (1599) von Guiseppe Passi (1569–ca. 1620) welches Anfang des 18. Jahrhunderts ins Deutsche übersetzt erschien als All-erdenckliche/ wahrhafftige Weiber-Mängel. Einstens von Jisepho Bassi, einem berühmten italienischen Historico, in Welscher Sprache heraus gegeben/ Nun aber Durch eine getreue und wohlmeinende Feder/ sowohl wegen enthaltenen raren Historien/ curiosen Discursen/ Als vilfältig aus Heil. Schrifft und HH. Vättern angezognen Texten/ wie man aus Geist- und Weltlichen Rechten ordentlich-angefügten Recht-Sätzen; Und dann aus zerschidenen Scribenten/ Statisten und Poeten anhero geschicklich applicierten scherzhafftigen Reden/ in das Teutsche versetzt. Dann noch beigefügt ein Tractat Curiose Erörterung der Frage/ ob die Weiber Menschen seynd, Cölnn 1722.

Siehe dazu die Beiträge in: Wider die Frau. Zu Geschichte und Funktion misogyner Rede. Köln: Böhlau, 2008 von Andrea Geier: Aufklärung durch Täuschung? Verkleidungsmotiv und misogyne Rede in Gotthold Ephraim Lessings Komödie Der Misogyn, S. 123 ff. und Annett Volmer: Verteidigung und Gegenentwurf. Zur Auseinandersetzung mit misogynen Autoritäten bei Lucrezia Marinella, S. 325 ff. Google