„Anno II.“ – Versionsunterschied

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
[gesichtete Version][gesichtete Version]
Inhalt gelöscht Inhalt hinzugefügt
 
(124 dazwischenliegende Versionen von 52 Benutzern werden nicht angezeigt)
Zeile 1: Zeile 1:
[[Datei:Anno II..JPG|miniatur|Anno II. (rechts im Bild) setzt den Siegburger Abt Erpho (links im Bild) ein. Pergamenthandschrift aus dem 12. Jahrhundert]]
[[Datei:Anno II..JPG|miniatur|Anno II. (rechts im Bild) setzt den Siegburger Abt Erpho (links im Bild) ein. Pergamenthandschrift aus dem 12. Jahrhundert]]
'''Anno II. von Köln''' (auch '''Hanno von Köln''', ''Hanno II.'' etc.; * um [[1010]] in [[Altsteußlingen]] bei [[Ehingen (Donau)|Ehingen]]; † [[4. Dezember]] [[1075]] in [[Köln]]) war [[Erzbischof von Köln]] von 1056 bis 1075, [[Reichserzkanzler|Erzkanzler]] für Italien und Kanzler der römischen Kirche sowie in der Zeit von 1062 bis 1065 [[Regentschaft|Regent]] des [[Heiliges Römisches Reich|römisch-deutschen Reiches]]. Er ist ein [[Heiliger]] der [[Römisch-katholische Kirche|katholischen Kirche]].

'''Anno II. von Köln''' (auch Hanno von Köln, Hanno II. etc.; * um [[1010]] in [[Altsteußlingen]] bei [[Ehingen (Donau)|Ehingen]]; † [[4. Dezember]] [[1075]] in [[Köln]]) war [[Erzbischof von Köln]] von 1056 bis 1075. Er ist ein [[Heiliger]] der [[Römisch-katholische Kirche|katholischen Kirche]].


== Leben und Wirken ==
== Leben und Wirken ==
[[Datei:Anno II.jpg|mini|Die [[Vita Annonis Minor]] des Kölner Erzbischofs Anno wurde unter Abt Gebhard I. (1173–1185?) im Zuge der Vorbereitungen zur Heiligsprechung Annos verfasst. Die Miniatur auf dem Vorsatzblatt (fol. 1v) zeigt den stehenden Heiligen „Sanctus Anno episcopus Coloniensis“ im bischöflichen Ornat mit [[Kasel (liturgische Kleidung)|Casula]] und [[Pallium]], umgeben von seinen Kirchengründungen: in den Händen die Stiftskirchen [[St. Maria ad Gradus (Köln)|St. Maria ad Gradus]] (1057) und [[St. Georg (Köln)|St. Georg]] (1067) zu Köln, zu den Füßen die Benediktinerabteien [[Benediktinerabtei Saalfeld|Saalfeld in Thüringen]] (1063) und [[Kloster Grafschaft|Grafschaft im Sauerland]] (1073), zu Häupten die [[Abtei St. Michael (Siegburg)|Benediktinerabtei Siegburg]] (1064).]]
Anno entstammte dem schwäbischen Adelsgeschlecht der Edelfreien von Steusslingen. Aus diesem stammten auch der Erzbischof [[Werner von Steußlingen (Magdeburg)|Werner von Magdeburg]], Annos Bruder, und der Bischof [[Burchard II. von Halberstadt]], sein Neffe.


Anno entstammte einer [[edelfrei]]en [[Schwaben|schwäbischen]] Familie. Aus dieser stammte auch der Bischof [[Burchard II. von Halberstadt]], sein Neffe. Ein Aufstieg war aus dieser niederen Herkunft nur über eine kirchliche Laufbahn möglich, in die er nach kurzer Ritterausbildung auf Empfehlung eines Verwandten, der Kanoniker in Bamberg war, wechselte. So besuchte er die [[Domschule]] am [[Bamberger Dom]], an der er ab 1046 dann selbst unterrichtete. Da der Dom [[Georg (Heiliger)|St. Georg]] als einen der [[Patrozinium|Patrozinien]] hat, ist spätestens dort seine lebenslange Verehrung dieses Heiligen anzunehmen. [[Heinrich III. (HRR)|Heinrich III.]] berief ihn als [[Kaplan]] an den kaiserlichen Hof und erhob ihn um 1054 zum [[Dompropst]] von [[Goslar]] und 1056 zum Erzbischof von Köln als Nachfolger des Erzbischofs [[Hermann II. von Köln|Hermann]].
Nach kurzer [[Ritter]]ausbildung schlug Anno auf Empfehlung eines Verwandten, der Kanoniker in Bamberg war, die kirchliche Laufbahn ein. So besuchte er die [[Domschule]] am [[Bamberger Dom]] und die [[Gymnasium Theodorianum|Domschule in Paderborn]]. Er kehrte als Scholastiker nach Bamberg zurück und unterrichtete dann selbst an der Domschule. Da der Dom [[Georg (Heiliger)|St. Georg]] als einen der [[Patrozinium|Patrozinien]] hat, ist spätestens dort seine lebenslange Verehrung dieses Heiligen anzunehmen. [[Heinrich III. (HRR)|Heinrich III.]] berief ihn nach 1046 als [[Kaplan]] an den kaiserlichen Hof und erhob ihn um 1054 zum [[Dompropst]] von [[Goslar]] und 1056 zum Erzbischof von Köln als Nachfolger des Erzbischofs [[Hermann II. von Köln|Hermann]].


Er wurde als eine Persönlichkeit beschrieben, die [[Askese|asketisch]] lebte, ehrwürdigen Auftretens und ehrgeizigen, bisweilen skrupellosen Charakters sein konnte. Als Erzbischof von Köln war Anno [[Reformpapsttum|Reformbestrebungen]] gegenüber offen, aber stets und zu vorderst darauf bedacht, die Besitztümer der [[Erzbistum Köln|Kölner Diözese]] zu mehren.
Er wurde als eine Persönlichkeit beschrieben, die [[Askese|asketisch]] lebte, ehrwürdigen Auftretens und ehrgeizigen, bisweilen skrupellosen Charakters sein konnte. Als Erzbischof von Köln war Anno [[Reformpapsttum|Reformbestrebungen]] gegenüber offen, aber stets und zuvorderst darauf bedacht, die Besitztümer der [[Erzbistum Köln|Kölner Diözese]] zu mehren.


In Köln scheiterte dann zwar sein Bestreben, das lukrativ erscheinende [[Kloster Malmedy]] an die Diözese zu ziehen (da die Gründungsstatuten des Klosters die Einheit mit dem Mutterkloster [[Kloster Stablo|Stablo]] verlangten). Nach der Rückgabe des als Geschenk vom [[Kaiser]] empfangenen Klosters 1071 gelang es dem Erzbischof aber, die Angriffe der [[Pfalzgraf|Pfalzgrafen vom Niederrhein]] abzuwehren und so seine Stellung am Hofe zu stärken. Mit dem [[Abtei Michaelsberg|Kloster Siegburg]], das nach dem Vorbild des italienischen Reformklosters [[Fruttuaria]] reformiert wurde, vermochte er aber auch die eher [[Heinrich III. (HRR)|kaisertreu]] und papstfeindlich ausgerichtete rheinische Reformbewegung zu stützen. Vorangetrieben von Anno und seinen Nachfolgern, verbreitete sich die [[Siegburger Reform]] über das Erzbistum Köln und weitere Gebiete.
In Köln scheiterte dann zwar sein Bestreben, das lukrativ erscheinende [[Kloster Malmedy]] an die Diözese zu ziehen (da die Gründungsstatuten des Klosters die Einheit mit dem Mutterkloster [[Kloster Stablo|Stablo]] verlangten). Nach der Rückgabe des als Geschenk vom [[Kaiser]] empfangenen Klosters 1071 gelang es dem Erzbischof aber, die Angriffe der [[Pfalzgrafschaft Lothringen|lothringischen Pfalzgrafen]] abzuwehren und so seine Stellung am Hofe zu stärken. Mit dem [[Abtei Michaelsberg|Kloster Siegburg]], das nach dem Vorbild des italienischen Reformklosters [[Fruttuaria]] reformiert wurde, vermochte er aber auch die eher [[Heinrich III. (HRR)|kaisertreu]] und papstfeindlich ausgerichtete rheinische Reformbewegung zu stützen. Vorangetrieben von Anno und seinen Nachfolgern, verbreitete sich die [[Siegburger Reform]] über das Erzbistum Köln und weitere Gebiete.


Nach dem Tod Kaiser Heinrichs III. 1056 übernahm Kaiserin [[Agnes von Poitou|Agnes]] die Regentschaft für den sechsjährigen [[Heinrich IV. (HRR)|Heinrich IV.]] Zuerst noch mit [[Papst]] [[Viktor II.]] als väterlichem Berater an ihrer Seite, erwies sich nach dessen baldigem Ableben aber zunehmend die mindere Begabung der Kaiserin für das Regierungsgeschäft. Der Groll gegen Agnes machte sich sowohl an der von Tradition und Taktik unbekümmerten Praxis der [[Lehnswesen|Lehnsvergabe]] als auch und vor allem an der Wahl Bischofs [[Heinrich von Augsburg]] zum neuen Berater fest. Agnes geriet nun zunehmend in die Kritik der deutschen Fürsten, zu deren Anführer sich Anno aufschwang. Im Schutz dieser Gruppe, zu der auch [[Erzbischof von Mainz|Erzbischof]] [[Siegfried I. von Mainz]], Graf [[Ekbert I. (Meißen)|Ekbert von Braunschweig]], Herzog [[Otto II. von Northeim|Otto von Northeim]] unter anderen zählten, plante Anno den sogenannten [[Staatsstreich von Kaiserswerth]], mit dem er den jungen Heinrich IV. im April 1062 in seine Hand brachte.
Nach dem Tod Kaiser Heinrichs III. 1056 übernahm Kaiserin [[Agnes von Poitou|Agnes]] die Regentschaft für den sechsjährigen [[Heinrich IV. (HRR)|Heinrich IV.]] Zuerst noch mit [[Papst]] [[Viktor II.]] als väterlichem Berater an ihrer Seite, geriet sie bald in Konflikt mit einigen Fürsten des Reichs. Der Groll gegen Agnes machte sich sowohl an der [[Lehnswesen|Vergabe von Lehen]] als auch und vor allem an der Wahl Bischofs [[Heinrich II. (Augsburg)|Heinrich von Augsburg]] zum neuen Berater fest. Agnes geriet nun zunehmend in die Kritik der deutschen Fürsten, zu deren Anführer sich Anno aufschwang. Im Schutz dieser Gruppe, zu der etwa auch [[Erzbischof von Mainz|Erzbischof]] [[Siegfried I. von Mainz]], Graf [[Ekbert I. (Meißen)|Ekbert von Meißen]], Herzog [[Otto von Northeim]] zählten, plante Anno den sogenannten [[Staatsstreich von Kaiserswerth]], mit dem er den jungen Heinrich IV. im April 1062 in seine Hand brachte.


Dazu ließ er ein Schiff prachtvoll ausstatten und lockte den unerfahrenen Heinrich, der sich mit seiner Mutter auf einer Reise nach [[Nimwegen]] befand, auf der Höhe der heute zu [[Düsseldorf]] gehörenden [[Königspfalz|Kaiserpfalz]] [[Kaiserswerth]] zu einer Besichtigung. Das mit gedungenen Ruderern besetzte Boot legte mit Betreten Heinrichs sofort ab. Der junge Heinrich versuchte zwar noch, sich in den [[Rhein]] zu flüchten, wurde aber vom Grafen [[Ekbert II. (Meißen)|Ekbert von Braunschweig]] wieder an Bord gebracht.
Dazu ließ er ein Schiff prachtvoll ausstatten und lockte den unerfahrenen Heinrich, der sich mit seiner Mutter auf einer Reise nach [[Valkhof|Nimwegen]] befand, auf der Höhe der heute zu [[Düsseldorf]] gehörenden [[Kaiserpfalz Kaiserswerth]] zu einer Besichtigung. Das mit gedungenen Ruderern besetzte Boot legte mit Betreten Heinrichs sofort ab. Der junge Heinrich versuchte zwar noch, sich in den [[Rhein]] zu flüchten, wurde aber vom Grafen Ekbert von Meißen wieder an Bord gebracht.


Trotz anfänglichen Widerstrebens der aufgebrachten Kölner Bevölkerung gelang es Anno, nachdem er auch die [[Reichskleinodien]] der Kaiserin entwenden konnte, sich von 1063 bis 1065 zum [[Regentschaft|Regenten]] des [[Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation|Deutschen Reiches]] zu machen. Obwohl ihm Erzbischof [[Adalbert von Bremen]] zur Seite gestellt war, ließ sich Annos Machtposition nun kaum noch beschränken. So leitete Anno als [[Erzamt|Erzkanzler]] für das Königreich [[Italien]] die Synode von Mantua, die 1064 [[Alexander II. (Papst)|Alexander II.]] als Papst bestätigte und damit einen Streit beendete, der seit 1061 schwelte: Schon 1061 hatte das Kardinalskollegium [[Alexander II. (Papst)|Anselm von Lucca]] zu Papst Alexander II. gewählt, damit aber ein erst 1059 verabschiedetes Dekret zur Mitwirkung des Kaisers verletzt. Eine von [[Agnes von Poitou|Kaiserin Agnes]] nach [[Basel]] berufene Versammlung geistlicher und weltlicher Würdenträger wählte daraufhin am 28. Oktober 1061 [[Honorius II. (Gegenpapst)|Cadalus von Parma]] als [[Gegenpapst|(Gegen)Papst]] Honorius II. Nachdem dann die einander bekämpfenden Päpste von [[Gottfried III. (Niederlothringen)|Herzog Gottfried von Lothringen]] in ihre Bistümer verwiesen worden waren, um eine kaiserliche Entscheidung abzuwarten, konnte Anno auf der deutsch-italienischen [[Synode in Augsburg]] im Oktober 1062 durchsetzen, dass sein Neffe [[Burchard II. von Halberstadt|Burchard von Halberstadt]] mit der Fahrt nach [[Rom]] beauftragt wurde, den Fall zu begutachten. Dies Gutachten fiel zugunsten Alexanders II. aus, was dazu führte, dass er dann in [[Synode von Mantua|Mantua]] endgültig anerkannt wurde.
Trotz anfänglichen Widerstrebens der aufgebrachten Kölner Bevölkerung gelang es Anno, nachdem er auch die [[Reichskleinodien]] der Kaiserin an sich gebracht hatte, sich von 1062 bis 1065 zum [[Regentschaft|Regenten]] des [[Regnum Teutonicum|Deutschen Reiches]] zu machen. Obwohl ihm Erzbischof [[Adalbert von Bremen]] zur Seite gestellt war, ließ sich Annos Machtposition nun kaum noch beschränken. So leitete Anno als [[Reichserzkanzler]] für das Königreich [[Italien]] die Synode von Mantua, die 1064 [[Alexander II. (Papst)|Alexander II.]] als Papst bestätigte und damit einen Streit beendete, der seit 1061 schwelte: Schon 1061 hatte das Kardinalskollegium [[Alexander II. (Papst)|Anselm von Lucca]] zu Papst Alexander II. gewählt, damit aber ein erst 1059 verabschiedetes Dekret zur Mitwirkung des Kaisers verletzt. Eine von [[Agnes von Poitou|Kaiserin Agnes]] nach [[Basel]] berufene Versammlung geistlicher und weltlicher Würdenträger wählte daraufhin am 28. Oktober 1061 [[Honorius II. (Gegenpapst)|Cadalus von Parma]] als [[Gegenpapst|(Gegen-)Papst]] Honorius II. Nachdem dann die einander bekämpfenden Päpste von [[Gottfried III. (Niederlothringen)|Herzog Gottfried von Lothringen]] in ihre Bistümer verwiesen worden waren, um eine kaiserliche Entscheidung abzuwarten, konnte Anno auf der deutsch-italienischen [[Synode in Augsburg]] im Oktober 1062 durchsetzen, dass sein Neffe [[Burchard II. von Halberstadt|Burchard von Halberstadt]] mit der Fahrt nach [[Rom]] beauftragt wurde, den Fall zu begutachten. Dies Gutachten fiel zugunsten Alexanders II. aus, was dazu führte, dass er dann in [[Synode von Mantua|Mantua]] endgültig anerkannt wurde.


Mit diesen Handlungsvollmachten dürfte sich Anno auf dem Zenit seiner Machtentfaltung befunden haben. Schon 1063 zwangen ihm andere Fürsten den Erzbischof Adalbert von Bremen als Miterzieher des minderjährigen Kaisers auf. Ab 1068 fanden sich dann die ersten Dissonanzen zwischen dem Kölner und dem Papst. Annos Einfluss am Hof muss jedoch noch mindestens bis 1072 angenommen werden. Er trat dann noch einmal als Vermittler im [[Sachsenkrieg (Heinrich IV.)|sächsischen Aufstand]] auf, mittlerweile jedoch wahrscheinlich ohne politische Ambitionen.
Mit diesen Handlungsvollmachten dürfte sich Anno auf dem Zenit seiner Machtentfaltung befunden haben. Schon 1063 zwangen ihm andere Fürsten den Erzbischof Adalbert von Bremen als Miterzieher des minderjährigen Kaisers auf. Ab 1068 fanden sich dann die ersten Dissonanzen zwischen dem Kölner und dem Papst. Annos Einfluss am Hof muss jedoch noch mindestens bis 1072 angenommen werden. Er trat dann noch einmal als Vermittler im [[Sachsenkrieg (Heinrich IV.)|sächsischen Aufstand]] auf, mittlerweile jedoch wahrscheinlich ohne politische Ambitionen.


1066 setzte er seinen Neffen [[Kuno I. von Pfullingen]] als [[Erzbischof von Trier]] ein. Als Anno für seinen Freund [[Friedrich I. (Münster)|Friedrich I.]], den [[Bischof von Münster]], im Jahr 1074 eine Heimfahrtgelegenheit organisieren wollte und zu dem Zweck im Kölner Hafen ein Schiff eines Kaufmanns beschlagnahmen ließ, widersetzte sich der Kaufmann dieser Maßnahme. Schnell war die ganze Stadt aufgebracht, und man wollte gegen den ungeliebten Machthaber vorgehen.
[[Datei:Anno II.jpg|rechts|miniatur|Anno II. mit Modellen der von ihm gestifteten Klöster – Abbildung in der Darmstädter [[Vita Annonis Minor]] (um 1180)]]


Anno zog sich mit seinen Getreuen zurück und verschanzte sich im [[Hildebold-Dom|Dom]]. Die Menge tobte, ein sich versteckender [[Kleriker]] wurde vom [[Pöbel]] getötet, weil man ihn für Anno hielt. Unterdessen gelang es Anno zusammen mit einigen Begleitern durch eine sogenannte „Katzenpforte“ (im Volksmund heute „Annoloch“ genannt) in der [[Stadtmauer (Köln)|Kölner Stadtmauer]] unentdeckt aus der Stadt zu fliehen und sich so vor der mordlustigen Bevölkerung in Sicherheit zu bringen.
Als Anno für seinen Freund [[Friedrich I. (Münster)|Friedrich I.]], den Bischof von [[Bistum Münster|Münster]], im Jahr 1074 eine Heimfahrtgelegenheit organisieren wollte und zu dem Zweck im Kölner Hafen ein Schiff eines Kaufmanns beschlagnahmen ließ, widersetzte sich der Kaufmann diesem Übergriff. Schnell war die ganze Stadt aufgebracht, und man wollte gegen den ungeliebten Machthaber vorgehen.


In den folgenden Tagen scharte Anno bewaffnete Gefolgsleute um sich und kehrte vier Tage später nach Köln zurück, um die Stadt zu [[Belagerung|belagern]]. Angesichts der Waffenkraft der Belagerer ergaben sich die Aufständischen jedoch rasch, öffneten die Stadttore und ließen den Erzbischof ein. Anno forderte die Aufständischen auf, zu ihren Taten zu stehen und [[Buße (Christentum)|Buße]] zu tun, um [[Vergebung]] zu erlangen. Er verurteilte auch die [[Rädelsführer]] des Aufstandes und verhängte teilweise drakonische Strafen (zum Beispiel [[Blendung (Strafe)|Blendung]]). Etwa 600 Kaufleute verließen die Stadt. Nach einem Bericht von [[Lampert von Hersfeld]] ''war die Stadt fast völlig verödet und schauriges Schweigen herrschte auf den leeren Straßen''. Über diejenigen, die sich der Buße entzogen und flohen, sprach er den [[Kirchenbann]] aus. In der Folge kam es auch zu [[Selbstjustiz]] durch Annos Truppen, die renitente Aufständische verfolgten.
Anno zog sich mit seinen Getreuen zurück und verschanzte sich im [[Kölner Dom|Dom]]. Die Menge tobte, ein sich versteckender [[Klerus|Kleriker]] wurde vom [[Pöbel]] getötet, weil man ihn für Anno hielt. Unterdessen gelang es Anno zusammen mit einigen Begleitern durch eine sogenannte „Katzenpforte“ (im Volksmund heute „Annoloch“ genannt) in der [[Stadtmauer (Köln)|Kölner Stadtmauer]] unentdeckt aus der Stadt zu fliehen und sich so vor der mordlustigen Bevölkerung in Sicherheit zu bringen.

In den folgenden Tagen scharte Anno bewaffnete Untertanen um sich und kehrte vier Tage später nach Köln zurück, um die Stadt zu [[Belagerung|belagern]]. Angesichts der Waffenkraft der Belagerer ergaben sich die Aufständischen jedoch rasch, öffneten die Stadttore und ließen den Erzbischof ein.
Anno forderte die Aufständischen auf, zu ihren Taten zu stehen und [[Buße (Christentum)|Buße]] zu tun, um [[Vergebung]] zu erlangen. Er verurteilte auch die [[Rädelsführer]] des Aufstandes und verhängte teilweise drakonische Strafen (zum Beispiel [[Blendung (Strafe)|Blendung]]). Etwa 600 Kaufleute verließen die Stadt. Nach einem Bericht von [[Lampert von Hersfeld]] ''war die Stadt fast völlig verödet und schauriges Schweigen herrschte auf den leeren Straßen''. Über diejenigen, welche sich der Buße entzogen und flohen, sprach er den [[Kirchenbann]] aus. In der Folge kam es teilweise zu [[Selbstjustiz]] durch Annos Truppen, welche renitente Aufständische verfolgten.


Der Ursprung des Aufstandes lag wohl in einem wachsenden Selbstbewusstsein der Stadtbevölkerung sowie in der generellen Unzufriedenheit mit dem strengen Erzbischof. Diese Unzufriedenheit hatte verschiedene Ursachen: Zum Beispiel hohe Steuern, Annos rücksichtslose Reichspolitik ([[Entführung]] des Kaisers, Streit um das [[Kloster Malmedy]] usw.). Zu Ostern 1075 hob Anno im Angesicht seines Todes den [[Kirchenbann|Bannspruch]] auf und vergab den Sündern.
Der Ursprung des Aufstandes lag wohl in einem wachsenden Selbstbewusstsein der Stadtbevölkerung sowie in der generellen Unzufriedenheit mit dem strengen Erzbischof. Diese Unzufriedenheit hatte verschiedene Ursachen: Zum Beispiel hohe Steuern, Annos rücksichtslose Reichspolitik ([[Entführung]] des Kaisers, Streit um das [[Kloster Malmedy]] usw.). Zu Ostern 1075 hob Anno im Angesicht seines Todes den [[Kirchenbann|Bannspruch]] auf und vergab den Sündern.


== Tod und Verehrung ==
== Tod und Verehrung ==
[[Datei:Annoschrein Siegburg.JPG|miniatur|Annoschrein in der Abteikirche Michaelsberg]]
Anno starb am 4. Dezember 1075 in Köln. Sein Leichnam wurde in mehreren Kölner Kirchen aufgebahrt, nach sieben Tagen in die [[Abtei St. Michael (Siegburg)|Siegburger Abteikirche]] überführt und dort beigesetzt.<ref>''[https://www.foerderverein-michaelsberg.de/leben-kultur/heiliger-anno-ii/lebensgeschichte-anno Sein Leben].'' Internetpräsenz der Freunde und Förderer des Michaelsberges Siegburg, abgerufen am 14. Juli 2022.</ref> Nachfolger von Anno II. wurde 1076 [[Hildolf]], ein Vertrauter Heinrichs&nbsp;IV. Abt [[Reginhard von Siegburg]] erreichte bereits auf einer wahrscheinlich 1078 durchgeführten Diözesansynode von Erzbischof Hildolf die vorläufige [[Heiligsprechung|Kanonisation]] Annos. Zwischen 1077 und 1081 verfasste vermutlich ein Siegburger Mönch das sogenannte [[Annolied]] zu Ehren des Erzbischofs, das neben anderen, zum Teil von Reginhard selbst verfassten Viten die Heiligkeit Erzbischof Annos propagierte.<ref>Stephanie Coué: ''Hagiographie im Kontext. Schreibanlaß und Funktion von Bischofsviten aus dem 11. und vom Anfang des 12. Jahrhunderts'' (= ''Arbeiten zur Frühmittelalterforschung'', Band 24). Walter de Gruyter, Berlin 1997, ISBN 3-11-014825-0, S.&nbsp;169&nbsp;f.</ref> Am 29. April 1183 wurde Anno ohne Wissen Papst [[Lucius III.|Lucius’ III.]] von den [[Päpstlicher Legat|Legaten]] Johannes von Anagni und Petrus von Luni auf Bitten des Siegburger Abtes Gerhard (1174–1184/85)<ref>[[Tilman Struve]]: ''Reginhard von Siegburg und Lampert von Hersfeld. Hersfelder und Siegburger Überlieferungen um Erzbischof Anno von Köln im Lichte der Soester Fragmente.'' In: ''[[Rheinische Vierteljahrsblätter]]'' 42 (1978), S.&nbsp;128–160 (hier: S.&nbsp;159).</ref> in der Abteikirche heiliggesprochen.<ref name="Petersohn">[[Jürgen Petersohn]]: ''Die päpstliche Kanonisationsdelegation des 11. und 12. Jahrhunderts und die Heiligsprechung Karls des Grossen.'' In: ''Proceedings of the Fourth International Congress of Medieval Canon Law. Toronto, 21–25 August 1972'' (= ''Monumenta Iuris Canonici'', Reihe C, Band 5), Vatikanstadt 1976, S.&nbsp;163–206 (zu Anno von Köln: S.&nbsp;180&nbsp;f.).</ref> Beim Hineinlegen des Leichnams in den eigens für die [[Erheben der Gebeine|Gebeinerhebung]] angefertigten [[Annoschrein]]<ref>''[https://www.foerderverein-michaelsberg.de/schatzkammer/schreine Der Annoschrein].'' Internetpräsenz der Freunde und Förderer des Michaelsberges Siegburg, abgerufen am 14. Juli 2022.</ref><ref>''[https://www.foerderverein-michaelsberg.de/leben-kultur/heiliger-anno-ii Der Heilige Anno und sein Schrein].'' Internetpräsenz der Freunde und Förderer des Michaelsberges Siegburg, abgerufen am 14. Juli 2022.</ref> im Rahmen der [[Reliquientranslation]] wurden Annos Überreste mit einem byzantinischen Seidentuch, [[Siegburger Löwenstoff]] genannt, umhüllt und sein Kopf mit einem weiteren orientalischen Stoff bedeckt. Drei Jahre später wiederholte Erzbischof [[Philipp I. von Heinsberg|Philipp von Köln]] im Namen von Papst [[Urban III.]] die Heiligsprechung.<ref>Jürgen Petersohn: ''Die päpstliche Kanonisationsdelegation des 11. und 12. Jahrhunderts und die Heiligsprechung Karls des Grossen.'' Vatikanstadt 1976, S.&nbsp;197.</ref> Anno, der fortan als Patron gegen die [[Gicht]] wirken soll, hat seinen Gedenktag am 4. Dezember, speziell in [[Deutschland]] aber am 5. Dezember. 1391 übergab das Kloster Siegburg einige Reliquien des heiligen Anno an das [[Kloster Grafschaft]] im Sauerland, eine seiner Stiftungen.


Dem heiligen Anno werden zahlreiche Wunder zugeschrieben. Unter anderem soll vom Staub an seinem Grab eine heilende Kraft ausgehen, wie es Berichte früherer Zeiten beschreiben. So soll zum Beispiel in [[Winningen]] um das Jahr 1200 ein Mann regungslos am Boden gelegen haben, die Zähne fest zusammengepresst, offensichtlich dem Tod nahe. Helfen konnte jedoch der Pfarrer, der ein Jahr vorher nach Siegburg gepilgert war. Er hatte Reliquien des Heiligen und Staub von seinem Grab mitgebracht, die er in der Kirche aufbewahrte. In einen Kelch mit Wasser rührte er einige Staubpartikel ein. Mit Kraft drückte der Pfarrer die Zähne des Kranken auseinander und flößte ihm von dem Wasser ein, worauf der Mann „unter dem Anblick aller“ unverzüglich gesund geworden sei. Diese Geschichte ist eine von vielen über Wunderheilungen in Verbindung mit dem heiligen Anno.<ref>[[Wolfgang Schmid (Historiker)|Wolfgang Schmid]]: ''Das Wunder von Winningen''. In: Heimatbuch 2023, Hrsg. Kreisverwaltung Mayen-Koblenz, Weiss Verlag GmbH, Monschau 2022, ISSN 0944-1247, S. 206–213.</ref>
Anno starb am 4. Dezember 1075 in Köln, wo ihm zu Ehren eine pompöse Totenfeier ungesehenen Ausmaßes abgehalten wurde. Nach sieben Tagen wurde Annos Leichnam in das [[Abtei Michaelsberg|Kloster Siegburg]] überführt und dort begraben. Nach seiner baldigen Heiligsprechung wurden seine [[Reliquie]]n im sog. [[Annoschrein]] erhoben. 1391 übergab das Kloster Siegburg einige Reliquien des heiligen Anno an das [[Kloster Grafschaft]] im Sauerland, eine seiner Stiftungen. Nachfolger von Anno II. wurde 1076 [[Hildolf]]. Zwischen 1077 und 1081 verfasste vermutlich ein Siegburger Mönch das sog. [[Annolied]] zu Ehren des Erzbischofs. Am 29. April 1183 wurde Anno von der [[Römisch-katholische Kirche|katholischen Kirche]] heiliggesprochen. Anno, der fortan als Patron gegen die [[Gicht]] wirken soll, hat seinen Gedenktag am 4. Dezember, speziell in [[Deutschland]] aber am 5. Dezember.


== Wirkungsgeschichte ==
== Wirkungsgeschichte ==
[[Datei:Heinrich IV (Germany).jpg|mini|''Die Entführung Heinrichs IV. durch Erzbischof Anno von Köln in Kaiserswerth 1062'', Historiengemälde von [[Anton von Werner]], 1868]]
In der Geschichtsschreibung des 19. Jahrhunderts wurde Annos Wirken vor allem mit Blick auf die für das Reich verhängnisvollen Folgen beurteilt: Durch die Entführung Heinrichs IV. schwächte er die Stellung des Königtums und nutzte dessen verbliebene Autorität zu seinen Zwecken. Durch die Anerkennung Alexanders II. stärkte er das Papsttum, was unter Gregor VII. den [[Investiturstreit]] auslöste.


Neuerdings erfreut sich die Figur des Kölner Erzbischofs auch wachsender Beliebtheit vor allem innerhalb des Genres der historischen [[Roman]]e. Jörg Kastners ''Anno 1074. Der Aufstand gegen den Kölner Erzbischof'' von 1998 wie auch ''Anno 1076. Die Schatten von Köln'' von 2002 thematisieren den Aufstand der Kölner Bürger gegen den mächtigen Erzbischof. In Eva Steins' ''Der Ring des Anno'' 2004 hingegen spielt die Figur des Klerikers nur eine marginale Rolle.
Neuerdings erfreut sich die Figur des Kölner Erzbischofs einiger Beliebtheit innerhalb des Genres der [[historischer Roman|historischen Romane]]. [[Jörg Kastner]]s Romane ''Anno 1074. Der Aufstand gegen den Kölner Erzbischof'' (1998) und ''Anno 1076. Die Schatten von Köln'' (2002) thematisieren den Aufstand der Kölner Bürger gegen den mächtigen Erzbischof, dem Kastner eine [[Lepra]]erkrankung andichtet. Auch in Eva Steins’ Kriminalgeschichte ''Der Ring des Anno'' (2004), einem [[Regionalkrimi|Lokalkrimi]] für [[Kinderbuch|Kinder]], taucht die Gestalt des Klerikers als Nebenfigur auf.


1979 veröffentlichten die [[Bläck Fööss]] mit ''Feschers Köbes''<ref>De [[Bläck Fööss]]: „Uns Johreszigge,“ [[EMI|EMI Elektrola]], Köln 1979. Text: [[Hans Knipp]] nach Leonhard Ennen: „Geschichte der Stadt Köln“ und B. Gravelott: „De Fescher’s em hellije Kölle“, Albert-Vogt-Verlag, [[St. Goar]]/Köln</ref> ein Lied über den Bürgeraufstand gegen Anno.
1979 veröffentlichten die [[Bläck Fööss]] mit ''Feschers Köbes''<ref>De [[Bläck Fööss]]: „Uns Johreszigge,“ [[EMI|EMI Elektrola]], Köln 1979. Text: [[Hans Knipp]] nach Leonhard Ennen: „Geschichte der Stadt Köln“ und [[B. Gravelott]]: „De Feschers em hellige Kölle“, Albert-Vogt-Verlag, [[St. Goar]]/Köln 1977</ref> ein Lied<ref>[https://www.youtube.com/watch?v=jdutycnntz4 ''Köbes zum hören'']</ref> über den Bürgeraufstand gegen Anno. Im Rahmen der Neukonzeption des [[Liste der Kölner Ratsturmfiguren|Skulpturenprogramms]] des [[Rathaus Köln#Ratsturm|Kölner Rathausturms]] in den 1980er Jahren wurde Anno II. durch eine Figur von [[Werner Franzen]] im vierten Obergeschoss auf der Südseite des Turms verewigt.<ref>[http://www.stadt-koeln.de/leben-in-koeln/freizeit-natur-sport/skulpturen-des-vierten-obergeschosses#ziel_0_15 stadt-koeln.de: Skulpturen des vierten Obergeschosses], abgerufen am 15. Januar 2015</ref>
In der romanischen Kirche [[St. Clemens (Drolshagen)]] wurde Anno anlässlich der Renovierung 2016 auf einem Fresko in der rechten Seitenapsis von [[Clemens Hillebrand]] in [[Seccomalerei]] dargestellt. Es zeigt ihn bei der Grundsteinlegung der genannten Kirche; im Hintergrund sind symbolisch die zahlreichen anderen Kirchengründungen des Bischofs zu erkennen.


== Quellen ==
== Quellen ==
* [[Lampert von Hersfeld]]: ''Annalen''. Neu übersetzt von Adolf Schmidt. Erläutert von Wolfgang Dietrich Fritz. 4., gegenüber der 3. um einen Nachtrag erweiterte Auflage. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2000, ISBN 3-534-00176-1.
* [[Lampert von Hersfeld]]: ''Annalen.'' Neu übersetzt von Adolf Schmidt. Erläutert von Wolfgang Dietrich Fritz. 4., gegenüber der 3. um einen Nachtrag erweiterte Auflage. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2000, ISBN 3-534-00176-1.
* Friedrich Wilhelm Oediger: ''Die Regesten der Erzbischöfe von Köln, 313–1099.'' Band 1, Bonn 1961.
* [[Friedrich Wilhelm Oediger]]: ''Die Regesten der Erzbischöfe von Köln, 313–1099.'' Band 1, Bonn 1961.
* [[Mauritius Mittler]] (Hrsg.): ''Libellus de translatione sancti Annonis archiepiscopi et Miracula sancti Annonis'' (= ''Siegburger Studien.'' Band 3–5). 3 Bände. Siegburg 1966–1968.


== Literatur ==
== Literatur ==
* {{BBKL|a/anno_ii_e_v_k|band=1|spalten=179-180|autor=Friedrich Wilhelm Bautz|artikel=Anno II}}
* {{BBKL|archiveurl=https://web.archive.org/web/20070630014208/http://www.bautz.de/bbkl/a/anno_ii_e_v_k.shtml |band=1|spalten=179-180|autor=[[Friedrich Wilhelm Bautz]]|artikel=Anno II}}
* [[Heinz Bühler (Historiker)|Heinz Bühler]]: ''Adel, Klöster und Burgherren im alten Herzogtum Schwaben. Gesammelte Aufsätze.'' Hrsg. von Walter Ziegler. Konrad, Weissenhorn 1996, ISBN 3-87437-390-8, Kapitel ''Geschichte der Grafen von Achalm und ihrer Verwandten, Annos Herkunft.'' S. 809–815.
* {{ADB|1|472|475|Anno II.|Theodor Lindner|ADB:Anno}}
* [[Georg Jenal]]: ''Erzbischof Anno II. von Köln (1056–75) und sein politisches Wirken. Ein Beitrag zur Geschichte der Reichs- und Territorialpolitik im 11. Jahrhundert'' (= ''Monographien zur Geschichte des Mittelalters.'' Band 8). 2 Bände. Stuttgart 1974–1975, ISBN 3-7772-7422-4.
* T. J. Campbell: ''St. Anno''. Artikel in: [http://www.newadvent.org/cathen/01541b.htm Catholic Encyclopedia]
* [[Ulrich Köpf]]: ''Der Heilige Anno von Steußlingen (um 1015–1075) – Anno II. Erzbischof von Köln''. In: Johannes Lang (Hrsg.): ''Bemerkenswerte Ehinger: weggezogen, zugezogen, geblieben: ins Licht gerückt: 35 Lebensbilder aus zehn Jahrhunderten''. Museumsgesellschaft Ehingen, Ehingen 2014, ISBN 978-3-9820835-4-4, S. 10–14.
* [[Georg Jenal]]: ''Erzbischof Anno II. von Köln (1056-75) und sein politisches Wirken. Ein Beitrag zur Geschichte der Reichs- und Territorialpolitik im 11. Jahrhundert''. 2 Bde. Stuttgart 1974/75 (Monographien zur Geschichte des Mittelalters, Bd. 8, I/II). ISBN 3-7772-7422-4.
* {{ADB|1|472|475|Anno II.|[[Theodor Lindner]]|ADB:Anno}}
* Theodor Lindner: ''Anno II. - Der heilige Erzbischof von Köln, 1056–1075.'' Duncker & Humblot, Leipzig 1869.
* Dieter Lück: ''Annos Standesverhältnisse, verwandtschaftliche Beziehungen und Werdegang bis zur Bischofsweihe'' (= ''Annalen des Historischen Vereins für den Niederrhein.'' Band 172). 1970, {{OCLC|831035289}}.
* Dieter Lück: ''Die Kölner Erzbischöfe Hermann II. und Anno II. als Erzkanzler der römischen Kirche.'' In: ''Archiv für Diplomatik.'' Band 16, 1970.
* Dieter Lück: ''Anno II. von Köln (ca. 1010–1075).'' In: [[Bernhard Poll]] (Hrsg. im Auftrag der [[Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde]]): ''Rheinische Lebensbilder.'' Band 7. Rheinland Verlag, Köln 1977, ISBN 3-7927-0282-7, S. 7–24.
* {{NDB|1|304|306|Anno II., von Steusslingen|Friedrich Wilhelm Oediger|118503235}}
* {{NDB|1|304|306|Anno II., von Steusslingen|Friedrich Wilhelm Oediger|118503235}}
* Joachim Oepen: ''Anno II. von Köln als Reichsbischof.'' In: Wolfgang Hasberg, Hermann-Josef Scheidgen (Hrsg.): ''Canossa. Aspekte einer Wende.'' Pustet, Regensburg 2012, ISBN 978-3-7917-2411-9, 57–71.
* Theodor Lindner: Anno II. - Der heilige Erzbischof von Köln, 1056- 1075, Leipzig Dunder & Humbolt, 1869, ([http://www.books.google.de/books?id=amdQAAAAcAAJ Online-Version, Google Books])
* Dieter Lück: ''Annos Standesverhältnisse, verwandtschaftliche Beziehungen und Werdegang bis zur Bischofsweihe''. Annalen des Historischen Vereins für den Niederrhein 172 (1970)
* Dieter Lück: ''Die Kölner Erzbischöfe Hermann II. und Anno II. als Erzkanzler der römischen Kirche''. Archiv für Diplomatik 16 (1970)
* Dieter Lück: ''Anno II. von Köln (ca. 1010-1075).'' In: Rheinische Lebensbilder, Band 7. Hrsg. von Bernhard Poll im Auftrag der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde. Rheinland Verlag, Köln 1977, S. 7–24.
* [[Josef Semmler]], ''Die Klosterreform in Siegburg, ihre Ausbreitung und ihr Reformprogramm im 11. und 12. Jahrhundert''. Bonn 1959.
* Werner Goez: ''Gestalten des Hochmittelalters''. Darmstadt 1983.
* Eberhard Holz/[[Wolfgang Huschner]] (Hrsg.): ''Deutsche Fürsten des Mittelalters''. Edition Leipzig, Leipzig 1995. ISBN 3-361-00437-3
* Jörg Kastner: ''Anno 1074 Aufstand gegen den Kölner Erzbischof''. Bastei Lübbe, 1998. ISBN 3-404-14139-3


== Weblinks ==
== Weblinks ==
Zeile 64: Zeile 66:
* {{Geschichtsquellen Person|118503235|Anno II archiepiscopus Coloniensis}}
* {{Geschichtsquellen Person|118503235|Anno II archiepiscopus Coloniensis}}


== Einzelnachweise ==
== Anmerkungen ==
<references />
<references />


{{Folgenleiste|VORGÄNGER=[[Hermann II. (Erzbischof)|Hermann II.]]|NACHFOLGER=[[Hildolf]]|AMT=[[Liste der Erzbischöfe von Köln|Erzbischof von Köln]]|ZEIT=1056–1075}}
{{Folgenleiste|VORGÄNGER=[[Hermann II. (Köln)|Hermann II.]]|NACHFOLGER=[[Hildolf]]|AMT=[[Liste der Erzbischöfe und Bischöfe von Köln|Erzbischof von Köln]]|ZEIT=1056–1075}}


{{Normdaten|TYP=p|GND=118503235|LCCN=n/50/47888|VIAF=18013040}}
{{Normdaten|TYP=p|GND=118503235|LCCN=n/50/47888|VIAF=18013040}}
Zeile 73: Zeile 75:
{{SORTIERUNG:Anno 02}}
{{SORTIERUNG:Anno 02}}
[[Kategorie:Heiliger (11. Jahrhundert)]]
[[Kategorie:Heiliger (11. Jahrhundert)]]
[[Kategorie:Herrscher (11. Jahrhundert)]]
[[Kategorie:Erzbischof von Köln]]
[[Kategorie:Erzbischof von Köln]]
[[Kategorie:Erzkanzler für Italien]]
[[Kategorie:Römisch-katholischer Bischof (11. Jahrhundert)]]
[[Kategorie:Römisch-katholischer Bischof (11. Jahrhundert)]]
[[Kategorie:Katholischer Theologe (11. Jahrhundert)]]
[[Kategorie:Person (Siegburg)]]
[[Kategorie:Geboren im 11. Jahrhundert]]
[[Kategorie:Geboren im 11. Jahrhundert]]
[[Kategorie:Gestorben 1075]]
[[Kategorie:Gestorben 1075]]
Zeile 89: Zeile 93:
|STERBEORT=[[Siegburg]] bei [[Bonn]]
|STERBEORT=[[Siegburg]] bei [[Bonn]]
}}
}}

[[en:Anno II, Archbishop of Cologne]]
[[fr:Annon II de Cologne]]
[[hr:Anno II. od Kölna]]
[[it:Annone II di Colonia]]
[[nl:Anno II van Keulen]]
[[pl:Anno II z Kolonii]]
[[pt:Anno II]]
[[ru:Анно II]]
[[sh:Anno II od Kölna]]
[[sv:Anno II]]

Aktuelle Version vom 9. Dezember 2023, 15:46 Uhr

Anno II. (rechts im Bild) setzt den Siegburger Abt Erpho (links im Bild) ein. Pergamenthandschrift aus dem 12. Jahrhundert

Anno II. von Köln (auch Hanno von Köln, Hanno II. etc.; * um 1010 in Altsteußlingen bei Ehingen; † 4. Dezember 1075 in Köln) war Erzbischof von Köln von 1056 bis 1075, Erzkanzler für Italien und Kanzler der römischen Kirche sowie in der Zeit von 1062 bis 1065 Regent des römisch-deutschen Reiches. Er ist ein Heiliger der katholischen Kirche.

Leben und Wirken

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Vita Annonis Minor des Kölner Erzbischofs Anno wurde unter Abt Gebhard I. (1173–1185?) im Zuge der Vorbereitungen zur Heiligsprechung Annos verfasst. Die Miniatur auf dem Vorsatzblatt (fol. 1v) zeigt den stehenden Heiligen „Sanctus Anno episcopus Coloniensis“ im bischöflichen Ornat mit Casula und Pallium, umgeben von seinen Kirchengründungen: in den Händen die Stiftskirchen St. Maria ad Gradus (1057) und St. Georg (1067) zu Köln, zu den Füßen die Benediktinerabteien Saalfeld in Thüringen (1063) und Grafschaft im Sauerland (1073), zu Häupten die Benediktinerabtei Siegburg (1064).

Anno entstammte dem schwäbischen Adelsgeschlecht der Edelfreien von Steusslingen. Aus diesem stammten auch der Erzbischof Werner von Magdeburg, Annos Bruder, und der Bischof Burchard II. von Halberstadt, sein Neffe.

Nach kurzer Ritterausbildung schlug Anno auf Empfehlung eines Verwandten, der Kanoniker in Bamberg war, die kirchliche Laufbahn ein. So besuchte er die Domschule am Bamberger Dom und die Domschule in Paderborn. Er kehrte als Scholastiker nach Bamberg zurück und unterrichtete dann selbst an der Domschule. Da der Dom St. Georg als einen der Patrozinien hat, ist spätestens dort seine lebenslange Verehrung dieses Heiligen anzunehmen. Heinrich III. berief ihn nach 1046 als Kaplan an den kaiserlichen Hof und erhob ihn um 1054 zum Dompropst von Goslar und 1056 zum Erzbischof von Köln als Nachfolger des Erzbischofs Hermann.

Er wurde als eine Persönlichkeit beschrieben, die asketisch lebte, ehrwürdigen Auftretens und ehrgeizigen, bisweilen skrupellosen Charakters sein konnte. Als Erzbischof von Köln war Anno Reformbestrebungen gegenüber offen, aber stets und zuvorderst darauf bedacht, die Besitztümer der Kölner Diözese zu mehren.

In Köln scheiterte dann zwar sein Bestreben, das lukrativ erscheinende Kloster Malmedy an die Diözese zu ziehen (da die Gründungsstatuten des Klosters die Einheit mit dem Mutterkloster Stablo verlangten). Nach der Rückgabe des als Geschenk vom Kaiser empfangenen Klosters 1071 gelang es dem Erzbischof aber, die Angriffe der lothringischen Pfalzgrafen abzuwehren und so seine Stellung am Hofe zu stärken. Mit dem Kloster Siegburg, das nach dem Vorbild des italienischen Reformklosters Fruttuaria reformiert wurde, vermochte er aber auch die eher kaisertreu und papstfeindlich ausgerichtete rheinische Reformbewegung zu stützen. Vorangetrieben von Anno und seinen Nachfolgern, verbreitete sich die Siegburger Reform über das Erzbistum Köln und weitere Gebiete.

Nach dem Tod Kaiser Heinrichs III. 1056 übernahm Kaiserin Agnes die Regentschaft für den sechsjährigen Heinrich IV. Zuerst noch mit Papst Viktor II. als väterlichem Berater an ihrer Seite, geriet sie bald in Konflikt mit einigen Fürsten des Reichs. Der Groll gegen Agnes machte sich sowohl an der Vergabe von Lehen als auch und vor allem an der Wahl Bischofs Heinrich von Augsburg zum neuen Berater fest. Agnes geriet nun zunehmend in die Kritik der deutschen Fürsten, zu deren Anführer sich Anno aufschwang. Im Schutz dieser Gruppe, zu der etwa auch Erzbischof Siegfried I. von Mainz, Graf Ekbert von Meißen, Herzog Otto von Northeim zählten, plante Anno den sogenannten Staatsstreich von Kaiserswerth, mit dem er den jungen Heinrich IV. im April 1062 in seine Hand brachte.

Dazu ließ er ein Schiff prachtvoll ausstatten und lockte den unerfahrenen Heinrich, der sich mit seiner Mutter auf einer Reise nach Nimwegen befand, auf der Höhe der heute zu Düsseldorf gehörenden Kaiserpfalz Kaiserswerth zu einer Besichtigung. Das mit gedungenen Ruderern besetzte Boot legte mit Betreten Heinrichs sofort ab. Der junge Heinrich versuchte zwar noch, sich in den Rhein zu flüchten, wurde aber vom Grafen Ekbert von Meißen wieder an Bord gebracht.

Trotz anfänglichen Widerstrebens der aufgebrachten Kölner Bevölkerung gelang es Anno, nachdem er auch die Reichskleinodien der Kaiserin an sich gebracht hatte, sich von 1062 bis 1065 zum Regenten des Deutschen Reiches zu machen. Obwohl ihm Erzbischof Adalbert von Bremen zur Seite gestellt war, ließ sich Annos Machtposition nun kaum noch beschränken. So leitete Anno als Reichserzkanzler für das Königreich Italien die Synode von Mantua, die 1064 Alexander II. als Papst bestätigte und damit einen Streit beendete, der seit 1061 schwelte: Schon 1061 hatte das Kardinalskollegium Anselm von Lucca zu Papst Alexander II. gewählt, damit aber ein erst 1059 verabschiedetes Dekret zur Mitwirkung des Kaisers verletzt. Eine von Kaiserin Agnes nach Basel berufene Versammlung geistlicher und weltlicher Würdenträger wählte daraufhin am 28. Oktober 1061 Cadalus von Parma als (Gegen-)Papst Honorius II. Nachdem dann die einander bekämpfenden Päpste von Herzog Gottfried von Lothringen in ihre Bistümer verwiesen worden waren, um eine kaiserliche Entscheidung abzuwarten, konnte Anno auf der deutsch-italienischen Synode in Augsburg im Oktober 1062 durchsetzen, dass sein Neffe Burchard von Halberstadt mit der Fahrt nach Rom beauftragt wurde, den Fall zu begutachten. Dies Gutachten fiel zugunsten Alexanders II. aus, was dazu führte, dass er dann in Mantua endgültig anerkannt wurde.

Mit diesen Handlungsvollmachten dürfte sich Anno auf dem Zenit seiner Machtentfaltung befunden haben. Schon 1063 zwangen ihm andere Fürsten den Erzbischof Adalbert von Bremen als Miterzieher des minderjährigen Kaisers auf. Ab 1068 fanden sich dann die ersten Dissonanzen zwischen dem Kölner und dem Papst. Annos Einfluss am Hof muss jedoch noch mindestens bis 1072 angenommen werden. Er trat dann noch einmal als Vermittler im sächsischen Aufstand auf, mittlerweile jedoch wahrscheinlich ohne politische Ambitionen.

1066 setzte er seinen Neffen Kuno I. von Pfullingen als Erzbischof von Trier ein. Als Anno für seinen Freund Friedrich I., den Bischof von Münster, im Jahr 1074 eine Heimfahrtgelegenheit organisieren wollte und zu dem Zweck im Kölner Hafen ein Schiff eines Kaufmanns beschlagnahmen ließ, widersetzte sich der Kaufmann dieser Maßnahme. Schnell war die ganze Stadt aufgebracht, und man wollte gegen den ungeliebten Machthaber vorgehen.

Anno zog sich mit seinen Getreuen zurück und verschanzte sich im Dom. Die Menge tobte, ein sich versteckender Kleriker wurde vom Pöbel getötet, weil man ihn für Anno hielt. Unterdessen gelang es Anno zusammen mit einigen Begleitern durch eine sogenannte „Katzenpforte“ (im Volksmund heute „Annoloch“ genannt) in der Kölner Stadtmauer unentdeckt aus der Stadt zu fliehen und sich so vor der mordlustigen Bevölkerung in Sicherheit zu bringen.

In den folgenden Tagen scharte Anno bewaffnete Gefolgsleute um sich und kehrte vier Tage später nach Köln zurück, um die Stadt zu belagern. Angesichts der Waffenkraft der Belagerer ergaben sich die Aufständischen jedoch rasch, öffneten die Stadttore und ließen den Erzbischof ein. Anno forderte die Aufständischen auf, zu ihren Taten zu stehen und Buße zu tun, um Vergebung zu erlangen. Er verurteilte auch die Rädelsführer des Aufstandes und verhängte teilweise drakonische Strafen (zum Beispiel Blendung). Etwa 600 Kaufleute verließen die Stadt. Nach einem Bericht von Lampert von Hersfeld war die Stadt fast völlig verödet und schauriges Schweigen herrschte auf den leeren Straßen. Über diejenigen, die sich der Buße entzogen und flohen, sprach er den Kirchenbann aus. In der Folge kam es auch zu Selbstjustiz durch Annos Truppen, die renitente Aufständische verfolgten.

Der Ursprung des Aufstandes lag wohl in einem wachsenden Selbstbewusstsein der Stadtbevölkerung sowie in der generellen Unzufriedenheit mit dem strengen Erzbischof. Diese Unzufriedenheit hatte verschiedene Ursachen: Zum Beispiel hohe Steuern, Annos rücksichtslose Reichspolitik (Entführung des Kaisers, Streit um das Kloster Malmedy usw.). Zu Ostern 1075 hob Anno im Angesicht seines Todes den Bannspruch auf und vergab den Sündern.

Tod und Verehrung

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Annoschrein in der Abteikirche Michaelsberg

Anno starb am 4. Dezember 1075 in Köln. Sein Leichnam wurde in mehreren Kölner Kirchen aufgebahrt, nach sieben Tagen in die Siegburger Abteikirche überführt und dort beigesetzt.[1] Nachfolger von Anno II. wurde 1076 Hildolf, ein Vertrauter Heinrichs IV. Abt Reginhard von Siegburg erreichte bereits auf einer wahrscheinlich 1078 durchgeführten Diözesansynode von Erzbischof Hildolf die vorläufige Kanonisation Annos. Zwischen 1077 und 1081 verfasste vermutlich ein Siegburger Mönch das sogenannte Annolied zu Ehren des Erzbischofs, das neben anderen, zum Teil von Reginhard selbst verfassten Viten die Heiligkeit Erzbischof Annos propagierte.[2] Am 29. April 1183 wurde Anno ohne Wissen Papst Lucius’ III. von den Legaten Johannes von Anagni und Petrus von Luni auf Bitten des Siegburger Abtes Gerhard (1174–1184/85)[3] in der Abteikirche heiliggesprochen.[4] Beim Hineinlegen des Leichnams in den eigens für die Gebeinerhebung angefertigten Annoschrein[5][6] im Rahmen der Reliquientranslation wurden Annos Überreste mit einem byzantinischen Seidentuch, Siegburger Löwenstoff genannt, umhüllt und sein Kopf mit einem weiteren orientalischen Stoff bedeckt. Drei Jahre später wiederholte Erzbischof Philipp von Köln im Namen von Papst Urban III. die Heiligsprechung.[7] Anno, der fortan als Patron gegen die Gicht wirken soll, hat seinen Gedenktag am 4. Dezember, speziell in Deutschland aber am 5. Dezember. 1391 übergab das Kloster Siegburg einige Reliquien des heiligen Anno an das Kloster Grafschaft im Sauerland, eine seiner Stiftungen.

Dem heiligen Anno werden zahlreiche Wunder zugeschrieben. Unter anderem soll vom Staub an seinem Grab eine heilende Kraft ausgehen, wie es Berichte früherer Zeiten beschreiben. So soll zum Beispiel in Winningen um das Jahr 1200 ein Mann regungslos am Boden gelegen haben, die Zähne fest zusammengepresst, offensichtlich dem Tod nahe. Helfen konnte jedoch der Pfarrer, der ein Jahr vorher nach Siegburg gepilgert war. Er hatte Reliquien des Heiligen und Staub von seinem Grab mitgebracht, die er in der Kirche aufbewahrte. In einen Kelch mit Wasser rührte er einige Staubpartikel ein. Mit Kraft drückte der Pfarrer die Zähne des Kranken auseinander und flößte ihm von dem Wasser ein, worauf der Mann „unter dem Anblick aller“ unverzüglich gesund geworden sei. Diese Geschichte ist eine von vielen über Wunderheilungen in Verbindung mit dem heiligen Anno.[8]

Wirkungsgeschichte

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Entführung Heinrichs IV. durch Erzbischof Anno von Köln in Kaiserswerth 1062, Historiengemälde von Anton von Werner, 1868

In der Geschichtsschreibung des 19. Jahrhunderts wurde Annos Wirken vor allem mit Blick auf die für das Reich verhängnisvollen Folgen beurteilt: Durch die Entführung Heinrichs IV. schwächte er die Stellung des Königtums und nutzte dessen verbliebene Autorität zu seinen Zwecken. Durch die Anerkennung Alexanders II. stärkte er das Papsttum, was unter Gregor VII. den Investiturstreit auslöste.

Neuerdings erfreut sich die Figur des Kölner Erzbischofs einiger Beliebtheit innerhalb des Genres der historischen Romane. Jörg Kastners Romane Anno 1074. Der Aufstand gegen den Kölner Erzbischof (1998) und Anno 1076. Die Schatten von Köln (2002) thematisieren den Aufstand der Kölner Bürger gegen den mächtigen Erzbischof, dem Kastner eine Lepraerkrankung andichtet. Auch in Eva Steins’ Kriminalgeschichte Der Ring des Anno (2004), einem Lokalkrimi für Kinder, taucht die Gestalt des Klerikers als Nebenfigur auf.

1979 veröffentlichten die Bläck Fööss mit Feschers Köbes[9] ein Lied[10] über den Bürgeraufstand gegen Anno. Im Rahmen der Neukonzeption des Skulpturenprogramms des Kölner Rathausturms in den 1980er Jahren wurde Anno II. durch eine Figur von Werner Franzen im vierten Obergeschoss auf der Südseite des Turms verewigt.[11] In der romanischen Kirche St. Clemens (Drolshagen) wurde Anno anlässlich der Renovierung 2016 auf einem Fresko in der rechten Seitenapsis von Clemens Hillebrand in Seccomalerei dargestellt. Es zeigt ihn bei der Grundsteinlegung der genannten Kirche; im Hintergrund sind symbolisch die zahlreichen anderen Kirchengründungen des Bischofs zu erkennen.

  • Lampert von Hersfeld: Annalen. Neu übersetzt von Adolf Schmidt. Erläutert von Wolfgang Dietrich Fritz. 4., gegenüber der 3. um einen Nachtrag erweiterte Auflage. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2000, ISBN 3-534-00176-1.
  • Friedrich Wilhelm Oediger: Die Regesten der Erzbischöfe von Köln, 313–1099. Band 1, Bonn 1961.
  • Mauritius Mittler (Hrsg.): Libellus de translatione sancti Annonis archiepiscopi et Miracula sancti Annonis (= Siegburger Studien. Band 3–5). 3 Bände. Siegburg 1966–1968.
Commons: Anno II. – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
  1. Sein Leben. Internetpräsenz der Freunde und Förderer des Michaelsberges Siegburg, abgerufen am 14. Juli 2022.
  2. Stephanie Coué: Hagiographie im Kontext. Schreibanlaß und Funktion von Bischofsviten aus dem 11. und vom Anfang des 12. Jahrhunderts (= Arbeiten zur Frühmittelalterforschung, Band 24). Walter de Gruyter, Berlin 1997, ISBN 3-11-014825-0, S. 169 f.
  3. Tilman Struve: Reginhard von Siegburg und Lampert von Hersfeld. Hersfelder und Siegburger Überlieferungen um Erzbischof Anno von Köln im Lichte der Soester Fragmente. In: Rheinische Vierteljahrsblätter 42 (1978), S. 128–160 (hier: S. 159).
  4. Jürgen Petersohn: Die päpstliche Kanonisationsdelegation des 11. und 12. Jahrhunderts und die Heiligsprechung Karls des Grossen. In: Proceedings of the Fourth International Congress of Medieval Canon Law. Toronto, 21–25 August 1972 (= Monumenta Iuris Canonici, Reihe C, Band 5), Vatikanstadt 1976, S. 163–206 (zu Anno von Köln: S. 180 f.).
  5. Der Annoschrein. Internetpräsenz der Freunde und Förderer des Michaelsberges Siegburg, abgerufen am 14. Juli 2022.
  6. Der Heilige Anno und sein Schrein. Internetpräsenz der Freunde und Förderer des Michaelsberges Siegburg, abgerufen am 14. Juli 2022.
  7. Jürgen Petersohn: Die päpstliche Kanonisationsdelegation des 11. und 12. Jahrhunderts und die Heiligsprechung Karls des Grossen. Vatikanstadt 1976, S. 197.
  8. Wolfgang Schmid: Das Wunder von Winningen. In: Heimatbuch 2023, Hrsg. Kreisverwaltung Mayen-Koblenz, Weiss Verlag GmbH, Monschau 2022, ISSN 0944-1247, S. 206–213.
  9. De Bläck Fööss: „Uns Johreszigge,“ EMI Elektrola, Köln 1979. Text: Hans Knipp nach Leonhard Ennen: „Geschichte der Stadt Köln“ und B. Gravelott: „De Feschers em hellige Kölle“, Albert-Vogt-Verlag, St. Goar/Köln 1977
  10. Köbes zum hören
  11. stadt-koeln.de: Skulpturen des vierten Obergeschosses, abgerufen am 15. Januar 2015
VorgängerAmtNachfolger
Hermann II.Erzbischof von Köln
1056–1075
Hildolf