„Jucken“ – Versionsunterschied

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'''Jucken''', '''Juckempfindung''' oder '''Pruritus''' (von [[Latein|lat.]] ''prurire'', dt. ''jucken'') ist eine unangenehme Empfindung an der [[Haut]], die einen Drang zum Kratzen oder Reiben an der juckende Stelle auslöst. Jucken kann ein [[Symptom]] für eine [[Hauterkrankung]], eine Verletzung von Nerven ([[Neuropathie]]) oder eine [[systemische Erkrankung]] (Niere, Leber, etc.) sein.
'''Jucken''', '''Juckempfindung''' oder '''Pruritus''' (von [[Latein|lat.]] ''prurire'', dt. ''jucken'') ist eine unangenehme Empfindung an der [[Haut]], die einen Drang zum Kratzen oder Reiben an der juckende Stelle auslöst. Jucken kann ein [[Symptom]] für eine [[Hauterkrankung]], eine Verletzung von Nerven ([[Neuropathie]]) oder eine [[systemische Erkrankung]] (Niere, Leber, etc.) sein.

Die [[Botenstoff]]e (Mediatoren), die den Juckreiz auslösen, z. B. [[Histamin]], das unter anderem von [[Mastzelle]]n freigesetzt wird, können auch durch Medikamente (z. B. [[Hydroxyethylstärke]]), Nahrungsmittel, [[Allergene]], Pflanzen- oder [[Insektengift]]e und dergleichen freigesetzt werden. Chronische Formen des Pruritus sind häufig therapieresistent.

In der Vergangenheit wurde vielfach vermutet, dass Juckreize als unterschwelliger Schmerzreiz auf der Haut von denselben [[Rezeptor (Physiologie)|Rezeptoren]] wahrgenommen werden wie [[Schmerz]] und über dieselben Signalwege weitergeleitet werden. Jüngere Forschungen zum Histamin-vermittelten Juckreiz machen [[Nervenfaser]]n der Haut verantwortlich, die keinen Schmerz auslösen können. Zudem bestehen offensichtlich getrennte Signalwege für Schmerz und Juckreiz.<ref name="aerzteblatt">R. Leinmüller: [https://www.aerzteblatt.de/archiv/49734 ''Pruritus: Auch bei chronischem Juckreiz existiert ein „Gedächtnis“.''] In: ''Deutsches Ärzteblatt.'' 103, Ausgabe 1–2, 9. Januar 2006, S. A-22/ B-16/ C-16.</ref><ref name="sdw">''Wen juckt’s?'' In: ''Spektrum der Wissenschaft.'' 10/07, S. 12.</ref> Wichtige [[Neurotransmitter|Transmitter]] für den Juckreiz scheinen das ''[[Gastrin Releasing Peptide]]'' (GRP) und das ''[[Brain Natriuretic Peptide|natriuretische Polypeptid b]]'' (Nppb) zu sein.<ref name="DOI10.1038/nature06029">Yan-Gang Sun, Zhou-Feng Chen: ''A gastrin-releasing peptide receptor mediates the itch sensation in the spinal cord.'' In: ''Nature.'' 448, 2007, S.&nbsp;700–703. [[doi:10.1038/nature06029]].</ref><ref name="DOI10.1126/science.1233765">S. K. Mishra, M. A. Hoon: ''The Cells and Circuitry for Itch Responses in Mice.'' In: ''Science.'' 340, 2013, S.&nbsp;968–971. [[doi:10.1126/science.1233765]].</ref>


Juckreiz wird – ähnlich wie Schmerz – mit dem Gedächtnis verknüpft. Dies bedeutet, dass Personen mit chronischem Pruritus einen Juckreiz bereits ab einer tieferen Stufe wahrnehmen. Außerdem wirkt Juckreiz über [[Spiegelneuron]]e ansteckend – ein Effekt, der auch beim [[Gähnen]] auftritt.<ref name="aerzteblatt" />
Juckreiz wird – ähnlich wie Schmerz – mit dem Gedächtnis verknüpft. Dies bedeutet, dass Personen mit chronischem Pruritus einen Juckreiz bereits ab einer tieferen Stufe wahrnehmen. Außerdem wirkt Juckreiz über [[Spiegelneuron]]e ansteckend – ein Effekt, der auch beim [[Gähnen]] auftritt.<ref name="aerzteblatt" />

Version vom 17. Dezember 2021, 17:57 Uhr

Klassifikation nach ICD-10
L29 Pruritus
F45.8 Sonstige somatoforme Störungen
Psychogener Pruritus
ICD-10 online (WHO-Version 2019)
Ein Mann kratzt sich an seinem Rücken

Jucken, Juckempfindung oder Pruritus (von lat. prurire, dt. jucken) ist eine unangenehme Empfindung an der Haut, die einen Drang zum Kratzen oder Reiben an der juckende Stelle auslöst. Jucken kann ein Symptom für eine Hauterkrankung, eine Verletzung von Nerven (Neuropathie) oder eine systemische Erkrankung (Niere, Leber, etc.) sein.

Juckreiz wird – ähnlich wie Schmerz – mit dem Gedächtnis verknüpft. Dies bedeutet, dass Personen mit chronischem Pruritus einen Juckreiz bereits ab einer tieferen Stufe wahrnehmen. Außerdem wirkt Juckreiz über Spiegelneurone ansteckend – ein Effekt, der auch beim Gähnen auftritt.[1]

Formen und Auslöser

Pruritus cum materia ist Juckreiz als Begleiterscheinung von Hauterkrankungen wie z. B. atopisches Ekzem, Dermatomykosen, Psoriasis oder Urtikaria.

Pruritus sine materia ist Juckreiz ohne primäre sichtbare Hautveränderungen, der auf die Erkrankung innerer Organe (z. B. Cholestasesyndrom und primär biliäre Cholangitis durch Anstieg der Gallensäuren im Blutplasma, Niereninsuffizienz, Urämie, Diabetes mellitus, Leukämie, Lymphome, maligne Tumoren) hinweisen kann oder in zirka 50 % der Fälle ohne nachweisbare auslösende Faktoren (idiopathisch) ist, etwa in Form von aquagenem Pruritus.

Pruritus senilis oder Altersjuckreiz beruht auf zu trockener Haut, die durch altersbedingte degenerative Hautveränderungen verursacht wird.

Pruritus ani ist Juckreiz im Bereich des Afters.

Als neuropathischer Pruritus wird ein Juckreiz bezeichnet, der durch Kompression oder Degeneration von Nervenfasern entsteht. Dies ist oder kann unter anderem bei folgenden Erkrankungen der Fall sein: Notalgia paraesthetica (am Rücken), Cheiralgia paraesthetica (an der Hand), Meralgia paraesthetica (am Oberschenkel).[2]

Urämischer Pruritus tritt bei Nierenversagen und unter Hämodialyse sehr häufig auf. Die Ursache ist nicht eindeutig geklärt, aber eine chronische Polyneuropathie, urämische Hautveränderungen und eine chronische Entzündung spielen eine Rolle.

Juckreiz kann auch als unerwünschte Arzneimittelwirkung auftreten. Die oben erwähnten Hydroxyethylstärke (HES), die in nahezu 100 % der Behandlungen Pruritus hervorruft spielt heute therapeutisch praktisch keine Rolle mehr. Arzneistoffe, die mindestens häufig (≥ 1 %) Juckreiz hervorrufen sind ACE-Hemmer, Kalziumantagonisten, Sulfonylharnstoffe, Penicilline und Cephalosporine, die Kombination von Trimethoprim mit Sulfamethoxazol, Tetracycline, Chinolone, Metronidazol, Chloroquin, Opiate, Zytokine und die direkten Gerinnungshemmer: Edoxaban und Rivaroxaban.[3]

Behandlung

Neben der Behandlung einer etwaigen Grundkrankheit und Basismaßnahmen wie Hautpflege kann symptomatisch u. a. mit H1-Antihistaminika therapiert werden.[2] Opioid-Antagonisten (Naltrexon) konnten nach einer Studie Erfolge erzielen. Bei lokalem Juckreiz hilft Kühlung. Zum Teil hilft auch warmes Wasser, was jedoch zu trockener Haut und damit selbst wieder zu Juckreiz führen kann. Eine Therapie mit UVB-Strahlen wird ebenfalls eingesetzt.[1]

Literatur

Wiktionary: Jucken – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. a b Referenzfehler: Ungültiges <ref>-Tag; kein Text angegeben für Einzelnachweis mit dem Namen aerzteblatt.
  2. a b S2k-Leitlinie Diagnostik und Therapie des chronischen Pruritus der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (federführend). In: AWMF online (Stand 05/2016)
  3. Peter Schweikert-Wehner: Juckreiz als unerwünschte Wirkung auf Arzneimittel. In: Deutscher Hausärzteverband e.V. (Hrsg.): Der Hausarzt. Nr. 03/2021. mm medizin +medien Verlag GmbH, 20. Februar 2021, ISSN 1434-8950, S. 48–49.