Jucken
Klassifikation nach ICD-10 | |
---|---|
L29 | Pruritus |
F45.8 | Sonstige somatoforme Störungen Psychogener Pruritus |
ICD-10 online (WHO-Version 2019) |
Jucken, Juckempfindung oder Pruritus (von lat. prurire, dt. jucken) ist eine unangenehme Empfindung an der Haut, die einen Drang zum Kratzen oder Reiben an der juckende Stelle auslöst. Jucken kann ein Symptom für eine Hauterkrankung, eine Verletzung von Nerven (Neuropathie) oder eine systemische Erkrankung (Niere, Leber, etc.) sein.
Juckreiz wird – ähnlich wie Schmerz – mit dem Gedächtnis verknüpft. Dies bedeutet, dass Personen mit chronischem Pruritus einen Juckreiz bereits ab einer tieferen Stufe wahrnehmen. Außerdem wirkt Juckreiz über Spiegelneurone ansteckend – ein Effekt, der auch beim Gähnen auftritt.[1]
Formen und Auslöser
Pruritus cum materia ist Juckreiz als Begleiterscheinung von Hauterkrankungen wie z. B. atopisches Ekzem, Dermatomykosen, Psoriasis oder Urtikaria.
Pruritus sine materia ist Juckreiz ohne primäre sichtbare Hautveränderungen, der auf die Erkrankung innerer Organe (z. B. Cholestasesyndrom und primär biliäre Cholangitis durch Anstieg der Gallensäuren im Blutplasma, Niereninsuffizienz, Urämie, Diabetes mellitus, Leukämie, Lymphome, maligne Tumoren) hinweisen kann oder in zirka 50 % der Fälle ohne nachweisbare auslösende Faktoren (idiopathisch) ist, etwa in Form von aquagenem Pruritus.
Pruritus senilis oder Altersjuckreiz beruht auf zu trockener Haut, die durch altersbedingte degenerative Hautveränderungen verursacht wird.
Pruritus ani ist Juckreiz im Bereich des Afters.
Als neuropathischer Pruritus wird ein Juckreiz bezeichnet, der durch Kompression oder Degeneration von Nervenfasern entsteht. Dies ist oder kann unter anderem bei folgenden Erkrankungen der Fall sein: Notalgia paraesthetica (am Rücken), Cheiralgia paraesthetica (an der Hand), Meralgia paraesthetica (am Oberschenkel).[2]
Urämischer Pruritus tritt bei Nierenversagen und unter Hämodialyse sehr häufig auf. Die Ursache ist nicht eindeutig geklärt, aber eine chronische Polyneuropathie, urämische Hautveränderungen und eine chronische Entzündung spielen eine Rolle.
Juckreiz kann auch als unerwünschte Arzneimittelwirkung auftreten. Die oben erwähnten Hydroxyethylstärke (HES), die in nahezu 100 % der Behandlungen Pruritus hervorruft spielt heute therapeutisch praktisch keine Rolle mehr. Arzneistoffe, die mindestens häufig (≥ 1 %) Juckreiz hervorrufen sind ACE-Hemmer, Kalziumantagonisten, Sulfonylharnstoffe, Penicilline und Cephalosporine, die Kombination von Trimethoprim mit Sulfamethoxazol, Tetracycline, Chinolone, Metronidazol, Chloroquin, Opiate, Zytokine und die direkten Gerinnungshemmer: Edoxaban und Rivaroxaban.[3]
Behandlung
Neben der Behandlung einer etwaigen Grundkrankheit und Basismaßnahmen wie Hautpflege kann symptomatisch u. a. mit H1-Antihistaminika therapiert werden.[2] Opioid-Antagonisten (Naltrexon) konnten nach einer Studie Erfolge erzielen. Bei lokalem Juckreiz hilft Kühlung. Zum Teil hilft auch warmes Wasser, was jedoch zu trockener Haut und damit selbst wieder zu Juckreiz führen kann. Eine Therapie mit UVB-Strahlen wird ebenfalls eingesetzt.[1]
Literatur
- Diagnostik und Therapie des chronischen Pruritus, AWMF S2k-Leitlinie von 2016.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ a b Referenzfehler: Ungültiges
<ref>
-Tag; kein Text angegeben für Einzelnachweis mit dem Namen aerzteblatt. - ↑ a b S2k-Leitlinie Diagnostik und Therapie des chronischen Pruritus der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (federführend). In: AWMF online (Stand 05/2016)
- ↑ Peter Schweikert-Wehner: Juckreiz als unerwünschte Wirkung auf Arzneimittel. In: Deutscher Hausärzteverband e.V. (Hrsg.): Der Hausarzt. Nr. 03/2021. mm medizin +medien Verlag GmbH, 20. Februar 2021, ISSN 1434-8950, S. 48–49.